Was heißt: „In Anlehnung an die Norm“?

Dürfen Produkte, die das GS-Prüfzeichen und gleichzeitig den Zusatz "in Anlehnung an die Norm" tragen, verwendet werden, als seien sie nachweislich sichere Produkte beziehungsweise Arbeitsmittel? Die Antwort lautet: Ja! Doch der Hinweis "in Anlehnung" sorgt für Unbehagen. Es ist Zeit, über die Hintergründe zu informieren, die heutige Norm zu interpretieren und sie bei nächster Gelegenheit anzupassen. Es geht um die EN 12195-2.

„Eine oft angewandte Verfahrensweise um Unzulänglichkeiten in Normen zu beheben“

Dies mag auf den ersten Blick manchen Leser verwundern. Doch nach den Worten von Markus Jakobi, DGUV Test, ist das eine „oft angewandte Verfahrensweise der GS-Prüfstellen, um Unzulänglichkeiten wie auch Lücken in Normen zu beheben oder technische Weiterentwicklungen, die normenseitig noch nicht erfasst sind, der Möglichkeit einer sicherheitstechnischen Bewertung zuzuführen.“ Letztlich handelt es sich oft um Maßnahmen, die den Zeitraum bis zu einer notwendigen Überarbeitung der betreffenden Norm überbrücken. Normen werden alle fünf Jahre hinsichtlich ihrer Überarbeitungsbedürftigkeit überprüft. Findet sich jedoch im zuständigen europäischen Normungsgremium keine ausreichende Mehrheit oder ein dringendes Erfordernis für eine Überarbeitung, so wird die Gültigkeit der betroffenen Norm in der Regel zunächst für weitere fünf Jahre bestätigt.

Wie das in der Praxis aussieht, zeigt Beispiel 2 (Bild 3): In diesem Fall lässt sich mit der Handkraft von 25daN eine Vorspannkraft von 140daN erzielen. Hierzu Markus Jakobi: „Das Produkt erfüllt den wesentlichen Punkt: Bei der im abgestimmten Prüfgrundsatz der GS-Prüfstellen festgelegten Handkraft von 25daN liegt die erzeugte Vorspannkraft normgerecht unterhalb von 50 Prozent der höchstzulässigen Zurrkraft. Das Produkt darf folglich das GS-Prüfzeichen tragen und zum Niederzurren eingesetzt werden. Aber aus formalen Gründen nur mit dem Hinweis: In Anlehnung an die Norm.“

Warum in Anlehnung? Weil die geltende EN 12195-2 normativ vorsieht, dass – anders als im ZLS-Beschluss vorgegeben – die Zurrkraft mit einer Handkraft von 50daN ermittelt wird.

Was bedeutet das für unser Beispiel?

Die derzeit gängige Praxis sieht so aus, dass leichte Zurrsysteme auf dem Etikett oft keine Handkraft ausweisen, um dem 25-50daN-Dilemma zu entgehen. Doch Vorsicht! Ohne Angaben zur Handkraft auf dem Etikett sind die Systeme laut Norm nicht zum Niederzurren zugelassen. Will man den Gurt zum Niederzurren verwenden, ist der Hinweis „In Anlehnung an die Norm“ Pflicht.

Und genau das führt zu Irritationen

Käufer, Anwender und amtliche Prüfer geben sich damit in den meisten Fällen zufrieden. Aber nicht jeder! Zwar signalisiert das GS-Prüfzeichen für den Anwender die nachgewiesene und zertifizierte Sicherheit des Produkts, jedoch sorgt die Formulierung „in Anlehnung an die Norm“ für Konfusion und im ungünstigen Fall sogar zur Ablehnung des Produktes. Das ist ebenso verständlich und bedauerlich wie unnötig.

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