Automatisierung für 100 Millionen Konsumenten

Die Revolution in der Logistik des Lebensmitteleinzelhandels begann im Jahr 2003 in Parkstein. Das OPM-System ist heute das weltweit erfolgreichste vollautomatische Logistik- und Kommissioniersystem für Handelseinheiten. Alles begann mit einem Tortenheber.
OPM: Filialgerechte und fehlerfreie Kommissionierung auf Paletten und Rollcontainer.
OPM: Filialgerechte und fehlerfreie Kommissionierung auf Paletten und Rollcontainer.Bild: Witron Logistik + Informatik GmbH

Die Geschichte des Order Picking Machinery (OPM)-Systems von Witron beginnt an der Kaffeetafel von Walter Winkler in Parkstein. Ein Kuchen und ein Tortenheber des Witron-Gründers brachten den Durchbruch. Die COM – das Herzstück des OPM-Systems war geboren. Wie ein Tortenheber unter das Kuchenstück gleitet, fährt die COM unter die zu kommissionierenden Artikel und belädt mit ihnen vollautomatisch, produktschonend, filialgerecht und fehlerfrei Paletten und Rollcontainer für die Stores der Lebensmitteleinzelhändler. „Wir haben eine Fabrik zur Fertigung von Filialpaletten“, erklärt Frédéric Pinier-Rafer von E.Leclerc Socara stolz. Das OPM-System feiert 2023 seinen 20. Geburtstag. Fast 100 OPM-Systeme arbeiten heute und versorgen täglich über 35.000 Filialen und 100Mio. Konsumenten in Nordamerika, Europa und Australien.

Revolution in der Logistik des LEH

Das OPM war die Revolution für den Lebensmitteleinzelhandel, darin sind sich Helmut Prieschenk, CEO von Witron und Karl Högen, CEO Witron Nordamerika, einig. „Das war Walter Winklers Meisterstück“, meint Prieschenk. Und Högen erinnert sich: „Ich habe damals im Logistikhof Vertrieb gemacht. Als die Lösung erstmals intern vorgestellt wurde habe ich mir gedacht: Was für eine geniale Idee. Das wird groß!“

Prieschenk und Högen sind heute primär auf das Business Development in den verschiedenen Witron-Vertriebsregionen fokussiert und erinnern sich zurück an die ersten Projekte. „Der Pilot-Kunde und der Anstoß zur Entwicklung des OPM-Systems kamen über den Lebensmitteleinzelhändler Kroger aus den USA.“ Doch die Europäer folgten schnell. In Spanien und Deutschland entstanden die ersten OPM-Logistikzentren bei Mercadona und EDEKA. Die Ausgangslage unterscheidet sich kaum zu heute. „Für viele Retailer waren Themen wie Personalmangel sowie eine hohe Fluktuation damals schon eine große Herausforderung in ihren konventionellen Lagern“, berichtet Högen. „Kein Wunder“, meint Prieschenk. „Da wurden Millionen von Tonnen an Lebensmitteln von Menschenhand bewegt. Die Mitarbeitenden mussten sich bücken, schwer heben und tragen. Das ist schon im Trockensortiment herausfordernd und macht keinen Spaß – und im Frische- und Tiefkühlbereich noch viel weniger.“

Die Arbeitsplätze in den Verteilzentren wurden durch das OPM-System attraktiver. „Und stolz wurden die neuen Maschinen auf dem Familientag den Verwandten präsentiert“, erinnert sich Högen an die erste Anlage in Phoenix, Arizona. Im Lager brauchten die Kunden 60 Prozent weniger Personal und dank der automatisiert produzierten Ladungsträger konnten die Transportkosten um mehr als 10 Prozent gesenkt werden und die Arbeitszeit für das Einräumen der Artikel in den Filialen reduzierte sich ebenso zweistellig. „Die Palette wird filialgerecht gebaut – individuell nach dem Planogramm der jeweiligen Filiale. Im Store muss sie nur einmal angefasst werden, sie kann direkt in die Regale eingeräumt werden oder geht in den Backroom“, berichtet Högen. Dazu kommt weniger Food-Waste durch Bruchware auf dem Transport oder beim Entpacken. Dank neuer Verpackungstechnologien im OPM-System müssen der Filialleiter und sein Team auch weniger Folie entsorgen. „Die OPM-Lösung wird ganzheitlich in den Organismus des Kunden integriert – ökonomisch, ökologisch und sozial“, so Högen.

95 Prozent eines Vollsortimenters automatisiert händelbar

„Entscheidend ist nicht, die Idee für eine Innovation zu haben“ betont Prieschenk, „entscheidend ist, diese Idee in der Praxis erfolgreich umzusetzen. Und genau das ist die Stärke von Witron. Wir bringen Anlagen zum Laufen! Unabhängig von der Größe und der Komplexität der Aufgabenstellung“. So ist es mit OPM inzwischen möglich gut 95 Prozent des Artikelspektrums eines Vollsortimenters (Trocken, Frische und Tiefkühl) weitestgehend ohne Personaleinsatz vollautomatisch filialgerecht in Gangfolge auf Paletten bzw. Rollcontainer zu kommissionieren.

EDEKA zählte zu den ersten Kunden des OPM-Systems. Thomas Kerkenhoff, damaliger Logistikverantwortlicher der EDEKA Rhein-Ruhr-Stiftung hat dazu eine konkrete Meinung. „Es gibt keinen Anbieter am Markt, der über 10.000 verschiedene Artikel vollautomatisch so effizient handeln kann, wie das Witron-System.“ Der Manager ist sich sicher: „Um eine Anlage dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben, musst du sowohl bei deinem Logistik-Partner als auch vor Ort eine verdammt gute Mannschaft haben, die permanent an der Weiterentwicklung der Mechanik-Komponenten und der Software arbeitet. Das funktioniert aber nur, wenn du auch einen Partner hast, der in der Branche weltweit bereits eine große Anzahl von Systemen installiert hat und somit über umfangreiche Erfahrung, Expertisen und Referenzen verfügt. Wenn ich investiere, dann muss das System mein Geschäftsmodell auch noch in 25 Jahren abbilden können – sich parallel dazu aber auch an neue Rahmenbedingungen und Geschäftsprozesse flexibel anpassen lassen. Das erwarte ich als Kunde.“ Und das kann das OPM-System – mittlerweile in der fünften Generation.

„Unsere Systeme wachsen mit dem Kunden mit. Die Herausforderung in einem Projekt besteht darin, dass wir am Anfang der Projekt-Planung Zahlen bekommen, die sich während der Realisierungsphase schon wieder verändern können. Und wenn Märkte sich verändern, werden die Karten oftmals neu gemischt.“ So mussten beispielsweise für Kunden in Logistikzentren, die ursprünglich für eine reine Filial-Belieferung konzipiert wurden, innerhalb kürzester Zeit schlagkräftige E-Commerce-Prozesse integriert werden. Die Artikelanzahl verändert sich, das Volumen variiert, die Orderlines passen sich an, zusätzliche Vertriebswege kommen dazu. „Wir haben immer das Ziel vor Augen, allem voran einen hohen Konsumenten-Service, sehen die Logistik aus Sicht des Endkunden in der Filiale oder an der Haustüre, analysieren Entwicklungen“, erklärt Prieschenk, der den Vorteil hat, dass Witron mit seinen Lösungen weltweit Märkte versorgt, die Prozesse im Lebensmitteleinzelhandel bis ins Detail kennt und Entwicklungen auf anderen Kontinenten schneller als andere wahrnimmt.

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