Frische weltweit wirtschaftlich automatisieren

Der Fachkräftemangel erreicht die Frischelager in der ganzen Welt. "Viele unserer Kunden finden keine Kommissionierer mehr", erklärt Daniel Kick von Witron. Er hat sein Büro im Witron-Logistikhof und plant seit mehr als 15 Jahren im Team um Firmengründer Walter Winkler innovative, hochdynamische Logistikzentren für Kunden in Europa, Nordamerika oder Australien.

„Es ist eine echte Kunst, Frische in Frankreich wirtschaftlich und effizient zu fahren. Bis zu 7.000 Produkte – als Sackware, Steige oder Palette noch dazu vieles davon im No-stock-Prozess inkl. Vereinnahmung und Vereinzelung von Mischpaletten.“ Kick und seine Kollegen beherrschen diese Kunst. Die FPM (Flow Picking Machinery) unterstützt sie seit einigen Monaten dabei. Das System ist verwandt mit dem OPM, kommt aber ohne Vorratshaltung und eigenes Paletten-Hochregallager aus. Es nutzt die COM-Technologie um die im Traylager gepufferten Waren filialgerecht zu kommissionieren. In Frankreich wurde die Lösung – erstmals realisiert für E.Lecerc am Standort Castelnaudary – mit dem renommierten Logistikpreis „Rois de la Supply Chain“ ausgezeichnet und als Quantensprung in der automatisierten Frische-Supply-Chain bezeichnet.

Daniel Kick ist davon überzeugt, dass sich die neue FPM-Lösung in Frankreich und England durchsetzen wird. „Auch in Kanada tickt der Markt ähnlich und es kommen zunehmend Anfragen nach Flow-Through-Just-in-Time-Lösungen.“

Großer spanischer Food-Retailer setzt auf Behälter

Im Obst- und Gemüsebereich muss sich die Automatisierung bei einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung häufig konventionellen Systemen stellen. Das Artikelspektrum ist überschaubar und die Auftragsstruktur ermöglicht hohe konventionelle Kommissionierleistungen. „Betrachtet der Kunde eine Lösung unabhängig von der Mitarbeiter-Ergonomie, so muss sich die Automatisierung auf das Notwendigste beschränken, um sich als starker Benchmark zu behaupten.“

Witron-Kunden fahren hier unterschiedliche Automatisierungsstrategien, die auch den nationalen Besonderheiten geschuldet sind. In Spanien ernten die Mitarbeitenden das Obst und Gemüse direkt in Behälter. „Gut 95 Prozent der Frische-Produkte eines spanischen Food-Retailers werden in Behälter im Verteilzentrum angeliefert. Da brauchen wir keinen besonderen Schlichtalgorithmus zu beachten. Deshalb setzen wir auf unsere Systeme BOS (Box Order System) und ATS (Automated Tote System).“ Ganz so trivial ist es dann aber auch nicht, denn im Lager muss bis in die Filiale gedacht werden. „Im Supermarkt wollen die Mitarbeitenden die Behälter nicht nur in der richtigen Reihenfolge verräumen, sondern schwere Behälter auch ergonomisch greifen.“ Eine weitere Herausforderung ist der No-Stock-Ansatz der Spanier. „Wenn pro Stunde 600 bis 700 Paletten im Wareneingang ankommen und eine kurze Durchlaufzeit gewünscht ist, dann ist das für uns weniger ein mechanisches, sondern vielmehr ein IT- und Materialfluss-Thema, um den Durchsatz beherrschen können.“

Automatisierung muss sich rechnen

In Deutschland sieht die Obst-/Gemüse-Logistik nochmal anders aus als in südlichen Regionen. „Wir haben hier die Herausforderung, dass Filialen in kürzester Zeit beliefert werden müssen, denn der Kaufmann will morgens seine Frischeprodukte im Supermarkt haben. Das bedeutet, wir müssen die Ware bis Mitternacht versandfertig haben, aber die Ware kommt oft erst am Nachmittag im Verteilzentrum an. Das Zeitfenster pro Tag ist also sehr eng“, berichtet Kick. Dazu komme, dass die automatisierte Anlage oft nur fünf Tage in der Woche betrieben wird, was zur Folge hat, dass die Automatisierung in weniger als 50 Prozent der möglichen Betriebszeit genutzt wird. Um hier maximalen Nutzen zu erreichen, wird mit der Automatisierung auf die 80 Prozent Standardbehälter fokussiert. Die Kommissionierung der restlichen 20 Prozent Kartonware wird konventionell erledigt, ist jedoch komplett ins Witron-WMS und den Materialfluss integriert. In Ländern mit einem höheren Kartonagen-Anteil, wie beispielsweise in Finnland, kann die Mechanik – beispielsweise beim ATS (Automated Tote System) – aber auch so angepasst werden, dass damit neben Behältern ebenso Kartonware und Steigen automatisiert geschlichtet werden können. „Es gilt für jede Aufgabenstellung den richtigen Automatisierungsgrad zu ermitteln“, so Kick.

Nordamerika – Anlagenlaufzeit 24/7

Im Gegensatz zu Deutschland laufen die Anlagen in Nordamerika zumeist 24/7. Das ist zwar gut für die Automatisierung, aber die Herausforderung dort ist eine ganz andere. „Wir haben es in den USA und Kanada mit Kartonagen, Kisten und Steigen zu tun, die teilweise durch das für die Produkt-Kühlung eingesetzte Eis aufgeweicht werden (Wet Produce). Das ist sehr anspruchsvoll für die Mechanik – aber lösbar. Die Standardisierung in der Verpackung ist hier noch nicht so weit fortgeschritten wie in Europa. Deshalb setzen viele Kunden auf das OPM, was mit einer Vielzahl unterschiedlichster Verpackungen flexibel umgehen kann.“

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