Machtgefälle bei den Vertragsverhandlungen
Um auf Augenhöhe agieren zu können, hilft dem Besteller ein externer Berater an seiner Seite. Was in technischer Hinsicht unmittelbar einleuchtet, sollte auch für die juristischen Fragestellungen gelten. „In der Praxis gehen die Auftragnehmer auf den Auftraggeber mit eigenen Vertragswerken zu, die naturgemäß auftragnehmerfreundlich sind“, berichtet Rechtsanwältin Müller. Was daran verhandelbar ist, hängt vom Einzelfall ab. Zumindest sollte sich der Auftraggeber über die Risiken in Bezug auf die üblichen Haftungsausschlüsse, Vorverlagerung von Zahlungszeitpunkten und Vorauszahlungen bewusst sein. „Die vertraglichen Regelungen müssen trotz der Zugeständnisse, mit denen man rechnen muss, für den Auftraggeber akzeptabel sein“, betont Müller.
Abnahme
Notwendige Vertragsbestandteile sind Aussagen zu Termin, Funktionsfähigkeit, Verfügbarkeit und Durchsatz des Systems. Mit der Abnahme bestätigt der Auftraggeber, dass die Leistung des Auftragnehmers in diesen wesentlichen Punkten vertragsgerecht ist – mit juristisch weitreichenden Folgen. „Deshalb wurden im Anlagenbau unterschiedliche Prüfzeitpunkte entwickelt“, erläutert Baurechtlerin Müller und nennt die mechanische Fertigstellung, die bauliche Fertigstellung sowie die Fertigstellung des eigentlichen Systems. „Dann muss die Anlage in umfangreichen Testszenarien durch die Mitarbeiter des Bestellers beweisen, dass sie die geforderten Leistungsparameter, insbesondere Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit, erreicht.“
Gefährlich ist es, Abnahmeerklärungen zu früh, zu weitreichend oder ohne hinreichende Prüfung der Tauglichkeit abzugeben. Professor Scheid weiß aus Erfahrung: „Da beispielsweise der Durchsatz häufig auf die Spitzenstunde des Spitzentages am Ende des Planungshorizonts von etwa zehn Jahren zielt, können vor allem automatisierte Systeme überdimensioniert sein.“ Er warnt: „Ein nicht vertragsgemäßer Durchsatz bleibt deshalb bei der Inbetriebnahme womöglich unbemerkt.“
Anja Falkenstein ist als Rechtsanwältin in Karlsruhe tätig und schreibt zu Themen an der Schnittstelle Logistik/Recht.