Leiharbeit darf schlechter bezahlt werden

In keiner anderen Branche werden mehr Arbeitskräfte ausgeliehen als in der Logistik. Grundsätzlich dürfen Leiharbeiter dabei nicht schlechter behandelt werden als die Stammbelegschaft. Ausnahmen davon hat jetzt das Bundesarbeitsgericht konkretisiert.
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In der Logistik greift man gerne auf Unterstützung von außen zurück. Von rund 833.000 Leiharbeitnehmern im Jahr 2021 gingen 250.000 einer Beschäftigung in dieser Branche nach, etwa als Lager- oder Transportarbeiter. Damit verzeichnet der Sektor mit die meisten Arbeitsverhältnisse auf Leihbasis – Tendenz, bedingt durch den Fachkräftemangel, weiter steigend.

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Gleicher Lohn für gleiche Arbeit?

Damit die Leiharbeiter an ihren Einsatzorten nicht als Arbeitnehmer 2. Klasse behandelt werden, gelten nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) der Equal-Pay- und der Equal-Treatment-Grundsatz: Leiharbeiter müssen im konkreten Betrieb zu den gleichen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden wie das Stammpersonal, insbesondere in Bezug auf den Lohn, aber auch hinsichtlich Urlaub und Arbeitszeit.

Ob ein Tarifvertrag von dem Leitgedanken „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ abweichen darf, hatte nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) und in Folge das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Fall aus Deutschland zu entscheiden. Personaldienstleister und Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Arbeitnehmervertreter hielten die Luft an, standen doch damit so gut wie alle Tarifverträge zwischen Zeitarbeitsfirmen und Gewerkschaften auf dem Prüfstand – ja sogar, unter Wirtschaftlichkeitsaspekten, die Zukunft der Leiharbeit als solche. Doch das BAG hat die bisherige Praxis, Ausnahmen vom Gleichstellungsgrundsatz durch tarifvertragliche Sonderregelungen zuzulassen, nicht beanstandet. Allerdings müsse die Ungleichbehandlung beim Lohn auf anderem Wege kompensiert werden.

Klage durch Kommissioniererin

Dem Verfahren lag die Vergütungsklage einer Frau zugrunde, die von einem Personaldienstleister an ein Einzelhandelsunternehmen als Kommissioniererin „ausgeliehen“ wurde. Sie erhielt einen Stundenlohn von 9,23 Euro, die Stammarbeitnehmer des Betriebs verdienten dagegen 13,64 Euro. Die Leiharbeiterin klagte den Differenzbetrag unter Berufung auf den Gleichstellungsgrundsatz ein.

Grundsätzlich erlaubt das Gesetz, vom Equal-Pay-Grundsatz durch Tarifvertrag abzuweichen und eine geringere Vergütung zu bezahlen. Doch schon der EuGH, dem der Fall vom BAG vorgelegt worden war, betonte, Voraussetzung für eine zulässige Abweichung sei stets, dass solche Tarifverträge hierzu in einem angemessenen Verhältnis stehende Ausgleichsvorteile gewähren müssten. Es müsse ein „Gesamtschutz“ der Leiharbeiter sichergestellt sein.

Diesen sah das BAG in dem konkreten Fall als gegeben an. Denn der zugrunde liegende Tarifvertrag gewährt Leiharbeitern ihren Lohn auch für solche Zeiten, in denen sie gar nicht eingesetzt werden. Diese Lohnfortzahlung für entleihfreie Zeiten bewertete das BAG als ausreichenden Ausgleich, der die Schlechterbezahlung neutralisiere.

Urteil betrifft auch Logistiker

Da der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen mit vielen DGB-Gewerkschaften, darunter ver.di, Tarifverträge geschlossen hat, die eine Abweichung vom Gleicher-Lohn-Grundsatz vorsehen, hätte hier überall nachgebessert werden müssen, wenn der Richterspruch anders ausgefallen wäre.

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