Fallstricke im Anlagenbau

Die tatsächlichen und rechtlichen Knackpunkte bei neuen Anlagen sind Planung, Vertragsschluss und Abnahme. Besteller und Anbieter sollten Fehlplanungen und Missverständnisse vermeiden und sich auf Augenhöhe begegnen.
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Die Errichtung eines neuen Intralogistiksystems ist eine große Sache. Während jedoch der Anbieter schon viele Anlagen professionell geplant und umgesetzt hat, ist der Besteller sehr viel seltener mit einer solchen Aufgabe konfrontiert. Um dieses Erfahrungsgefälle auszugleichen und dem Planer klare Vorgaben machen zu können, sollte man zu allererst die Anforderungen an die Anlage für sich selbst detailliert zusammenstellen.

Vorabplanung

„Es gilt, das System möglichst konkret mittels erster Daten, wie beispielsweise Leistungsfähigkeit, Verbrauch oder Lebenszykluskosten, vorzudefinieren“, rät Dr. Kerstin Müller, Rechtsanwältin und Expertin im Anlagenbau bei Kapellmann und Partner in Frankfurt/Main. „Erst auf Basis dieser Erkenntnisse formuliert man dann die Leistungsbeschreibung.“ Auch der Anlagenbauer profitiert davon, wenn die wesentlichen Anforderungen von Anfang an feststehen.

„Schon im Angebotsstadium trennt sich die Spreu vom Weizen“, sagt Professor Wolf-Michael Scheid von der technischen Universität Ilmenau und rät, misstrauisch zu sein, wenn ein Anbieter scheinbar deutlich bessere Zusagen macht als alle anderen. Man solle sich vergleichbare Referenzobjekte des Anbieters zeigen lassen und deren Betreiber nach ihren Erfahrungen befragen. „Das zu realisierende System darf ruhig ehrgeizig sein, sollte aber kein Prototyp werden“, so Scheid.

Machtgefälle bei den Vertragsverhandlungen

Um auf Augenhöhe agieren zu können, hilft dem Besteller ein externer Berater an seiner Seite. Was in technischer Hinsicht unmittelbar einleuchtet, sollte auch für die juristischen Fragestellungen gelten. „In der Praxis gehen die Auftragnehmer auf den Auftraggeber mit eigenen Vertragswerken zu, die naturgemäß auftragnehmerfreundlich sind“, berichtet Rechtsanwältin Müller. Was daran verhandelbar ist, hängt vom Einzelfall ab. Zumindest sollte sich der Auftraggeber über die Risiken in Bezug auf die üblichen Haftungsausschlüsse, Vorverlagerung von Zahlungszeitpunkten und Vorauszahlungen bewusst sein. „Die vertraglichen Regelungen müssen trotz der Zugeständnisse, mit denen man rechnen muss, für den Auftraggeber akzeptabel sein“, betont Müller.

Abnahme

Notwendige Vertragsbestandteile sind Aussagen zu Termin, Funktionsfähigkeit, Verfügbarkeit und Durchsatz des Systems. Mit der Abnahme bestätigt der Auftraggeber, dass die Leistung des Auftragnehmers in diesen wesentlichen Punkten vertragsgerecht ist – mit juristisch weitreichenden Folgen. „Deshalb wurden im Anlagenbau unterschiedliche Prüfzeitpunkte entwickelt“, erläutert Baurechtlerin Müller und nennt die mechanische Fertigstellung, die bauliche Fertigstellung sowie die Fertigstellung des eigentlichen Systems. „Dann muss die Anlage in umfangreichen Testszenarien durch die Mitarbeiter des Bestellers beweisen, dass sie die geforderten Leistungsparameter, insbesondere Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit, erreicht.“

Gefährlich ist es, Abnahmeerklärungen zu früh, zu weitreichend oder ohne hinreichende Prüfung der Tauglichkeit abzugeben. Professor Scheid weiß aus Erfahrung: „Da beispielsweise der Durchsatz häufig auf die Spitzenstunde des Spitzentages am Ende des Planungshorizonts von etwa zehn Jahren zielt, können vor allem automatisierte Systeme überdimensioniert sein.“ Er warnt: „Ein nicht vertragsgemäßer Durchsatz bleibt deshalb bei der Inbetriebnahme womöglich unbemerkt.“

Anja Falkenstein ist als Rechtsanwältin in Karlsruhe tätig und schreibt zu Themen an der Schnittstelle Logistik/Recht.

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