Beziehungen statt Regeln durch KI

Leere Regale bei den einen, Überbestände bei den anderen. Lagersysteme, Warenbestellungen und logistische Prozesse zu verwalten, ist in den vergangenen Jahren immer herausfordernder geworden. Früher trafen Einkäufer ihre Entscheidungen auf der Grundlage einer begrenzten Anzahl von Daten, die oft in Tabellenkalkulationen erfasst wurden. In der Praxis führte dies häufig zu einer schlechten Bestandsverwaltung mit unnötig hohen Kosten. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sind heute bessere Kaufentscheidungen möglich. Dieser Ansatz sorgt für kleinere Lagerbestände, höhere Verfügbarkeit und bessere Margen.
Künstliche Intelligenz kommt im Handel bereits in mehreren Bereichen zum Einsatz, wie beispielsweise bei Chatbots oder der Überwachung des Kundenverhaltens in Geschäften.
Künstliche Intelligenz kommt im Handel bereits in mehreren Bereichen zum Einsatz, wie beispielsweise bei Chatbots oder der Überwachung des Kundenverhaltens in Geschäften.Bild: ©gorodenkoff/gettyimages.de

Durch die Pandemie sahen sich viele Händler unerwartet mit Engpässen und logistischen Problemen konfrontiert. Laut einer Studie des Ifo-Instituts aus dem Oktober 2022 waren rund 75 Prozent im gesamten deutschen Einzelhandel von Lieferproblemen betroffen. Unvorhersehbar war außerdem eine Reihe von besorgniserregenden Entwicklungen der letzten Zeit, wie z.B. der enorme Anstieg der Gas- und Stromkosten und die Inflation. Vor dem Hintergrund dieses raschen Wandels funktionieren einige Märkte immer noch wie früher. Eingefahrene Gewohnheiten lassen sich kaum verlernen, und Menschen vertrauen einfach auf Routinen. Doch diese können tückisch sein. Gerade deshalb sollte sich der Handel auf neue Technologien einlassen. Die Hürden im Hinblick auf eine intelligente Implementierung werden geringer. Der Einsatz von KI-Lösungen in diesem Bereich wird zunehmend erschwinglicher und alltäglicher. Bereits während der Corona-Pandemie konnte man einen Trend bei Händlern – von Online-Supermärkten bis hin zu Apotheken beispielsweise – beobachten, die nach smarten Wegen suchen, in Kombination mit Daten und Analysen.

Automatisierte Prozesse unterstützen das Lagerpersonal beim Wareneingang und der Lagerverwaltung, wodurch Fehler bei der Bestandsaufnahme oder Bestellbearbeitung reduziert werden können.
Automatisierte Prozesse unterstützen das Lagerpersonal beim Wareneingang und der Lagerverwaltung, wodurch Fehler bei der Bestandsaufnahme oder Bestellbearbeitung reduziert werden können.Bild: ©B4LLS/istockphoto.com

Die Regeln für Systeme müssen erweitert werden

Unterstützung durch Künstliche Intelligenz, die viel umfassender kalkulieren kann, schafft hier viele Vorteile. Die Handelslandschaft wird immer komplexer und unberechenbarer. Die schiere Anzahl von Stock Keeping Units (SKUs), die Unternehmen verwalten und verkaufen müssen, übersteigt die Vorstellungskraft. Gleichzeitig stützen sich die Einkäufer bei ihren Entscheidungen noch immer häufig auf Gewohnheiten und Regeln (wenn ich mehr von Produkt A kaufe, gilt das auch für Produkt B), die sie bei der Vorhersage, Wiederauffüllung und Verwaltung der Bestände unterstützen. Diese Regeln funktionieren jedoch oft nur, wenn es sich um konsistente, vorhersehbare Produktkategorien und bekannte Trends handelt.

Bei Handelsunternehmen werden noch immer häufig Systeme eingesetzt, die auf Regeln basieren, wie z.B.: „Sobald X Prozent von diesem Produkt auf Lager sind, müssen wir Y Prozent davon nachbestellen“. Dies erweist sich jedoch oft nicht mehr als die ideale Methode, da sie mitunter zu Über- oder Unterbeständen führen kann. Hinzu kommt, dass die Fülle der Regeln es ohne Hilfe von KI schwierig macht, alle Zusammenhänge zu verstehen und einen klaren Einblick zu gewinnen. Der große Vorteil von KI ist hingegen, dass sie Beziehungen herstellt. Während man sich regelbasierte Systeme wie eine Excel-Tabelle mit „Wenn-das-dann-das“-Beziehungen vorstellen kann – „wenn A passiert, mache B“ – geht KI einen Schritt weiter: „Wenn A und B passieren, wirkt sich das auf C aus, aber auch auf die Beziehung zwischen C und D.“

Autor: Antoine Brouwer ist Direktor Einzelhandelslösungen bei IG&H.
Autor: Antoine Brouwer ist Direktor Einzelhandelslösungen bei IG&H.Bild: IG & H Consulting BV

Jederzeit den Überblick behalten, aber wie?

Neben den Herausforderungen hinsichtlich der unüberschaubaren Warenbestände, chaotischen Lagerzuständen und den immer noch anhaltenden Auswirkungen der Corona-Pandemie haben Unternehmen auch mit Personalmangel, der Lage in der Ukraine und Verzögerungen in der Lieferkette zu kämpfen. Diese Faktoren wirken sich auf den Handel aus und erschweren zunehmend die Verwaltung der Bestände und die Planung von Einkäufen auf der Grundlage von Regeln, die noch vor wenigen Jahren gut funktioniert haben. Diese Unsicherheiten betreffen nicht nur den Einkauf, sondern auch die interne Logistik, denn auch die Lagerverwaltung, Lagersysteme und der Warenfluss innerhalb von Unternehmen müssen geregelt werden. Für die Mitarbeiter in der Logistik bedeutet das, dass sie zu jeder Zeit den Überblick behalten müssen: Welche Waren sind in der Produktion? Wo befinden sich die Lieferungen derzeit? Was befindet sich im Bestand und welche Produkte müssen in den Versand?

Künstliche Intelligenz kommt im Handel bereits in mehreren Bereichen zum Einsatz, wie beispielsweise bei Chatbots oder der Überwachung des Kundenverhaltens in Geschäften. Doch nicht nur dort kann sie maßgeblich zu einer Verbesserung der Prozesse beitragen: Transparente Systeme und Abläufe auf Basis Künstlicher Intelligenz können auch zum Erfolg der internen Vertriebsprozesse beitragen, denn eine durchdachte und digital unterstützte Intralogistik hilft, flexibler und effizienter zu arbeiten. Automatisierte Prozesse unterstützen das Lagerpersonal beim Wareneingang und der Lagerverwaltung, wodurch Fehler bei der Bestandsaufnahme oder Bestellbearbeitung reduziert werden können. Die Erwartungen an KI sind hoch, und in Zukunft wird sie in immer mehr Bereichen zum Einsatz kommen. Angesichts der vielschichtigen Herausforderungen können Unternehmen und ihre verschiedenen Abteilungen enorm von KI profitieren. Es ermöglicht ihnen, ihre Beschaffung auf der Grundlage besserer Vorhersagen zu optimieren, so dass sie ihren Bestand gezielt verwalten können.

Künstliche Intelligenz lernt und entwickelt sich weiter

Die Einzelhandel- und Großhandelslandschaft wird immer vielschichtiger, und Unternehmen müssen immer mehr Faktoren berücksichtigen. Daher sollte sich ein modernes Bestandsplanungssystem an veränderte Umstände anpassen können, was bei regelbasierten Systemen in der Regel nicht der Fall ist. Der Vorteil von KI gegenüber einem solchen „herkömmlichen“ System ist, dass sie kontinuierlich lernt, was es Händlern ermöglicht proaktiv auf die sich ändernden Umweltfaktoren und potenzielle Störungen zu reagieren. Die Gewinnung von Erkenntnissen und die zunehmende Intelligenz im Laufe der Zeit sind ein großer Vorteil für Unternehmen.

Die Liste an Möglichkeiten, die eigenen Prozesse zu optimieren, ist lang. Wichtig ist, überhaupt damit zu beginnen. Im Moment ist eine langsame Zunahme von KI-Anwendungen bei Handelsunternehmen zu beobachten. Ein Grund dafür, dass die Technologie noch immer nur in begrenztem Umfang eingesetzt wird, ist die Zurückhaltung bei der Einführung neuer Technologien. Eine verpasste Chance, denn eigentlich könnten Unternehmer davon profitieren, um ihre Bedarfsplanung zu optimieren und so Über- oder Unterbestände zu vermeiden. Das Schlüsselwort heißt „Unterstützung“. Die Entscheidungen trifft weiterhin der Mensch – die KI hilft lediglich dabei, dass es die bestmöglichen sind.

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