Arbeitsmigration: die neuen Regeln

Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz geht Deutschland neue Wege, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Ab Juni gilt die dritte und letzte Stufe der Regelung, mit der auch Nicht-Fachkräfte auf den deutschen Arbeitsmarkt gelangen können.
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Deutschland muss sich angesichts der Personalnot durchlässiger und attraktiver für den Zuzug von Arbeitskräften machen. Zwar war die Zahl der Betriebe im Bereich „Lagerei“, die unter Personalnot leiden, Ende 2023 etwas niedriger als ein Jahr zuvor (44, 8 zu 52,7 Prozent) – wahrscheinlich konjunkturbedingt. Experten gehen aber nach wie vor davon aus, dass Deutschland zukünftig mindestens 400.000 Zuwanderer pro Jahr benötigt. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz stellt nun mit der Chancenkarte ein ganz neues Instrument zur Verfügung, das auch geringer Qualifizierten die Arbeitsmigration ermöglicht.

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Die Stufen der Fachkräfteeinwanderung

Seit November 2023, mit der ersten Stufe des neuen Einwanderungsgesetzes, ist es für Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland einfacher, in Deutschland zu arbeiten. Ihre hiesige Tätigkeit muss nicht mehr exakt der im Heimatland erworbenen Qualifikation entsprechen. So darf der Industrieelektriker als Automatisierungstechniker und die technische Betriebswirtin als IT-Administratorin tätig sein, wenn ein entsprechender Arbeitsvertrag vorliegt.

Beispielsweise kann eine als Kauffrau für Büromanagement anerkannte Fachkraft auch im Bereich Logistik als Fachkraft beschäftigt werden

Ab März 2024, mit der zweiten Stufe, erlangt eine im Heimatland erworbene praktische Berufserfahrung mehr Gewicht, wenn die Berufsqualifikation selbst nicht für eine Anerkennung in Deutschland reicht. Zudem wird eine Beschäftigung im Rahmen einer „Anerkennungspartnerschaft“ möglich.

Völlig neu ist die dritte Stufe ab 1.6.2024: das Punktesystem mit Chancenkarte. Es ermöglicht Drittstaatenangehörigen mit niedrigerer Qualifikation, die keinen deutschen Arbeitsvertrag vorweisen können, einen Aufenthalt zur Arbeitssuche von bis zu einem Jahr mit Verlängerungsoption. Die Chancenkarte erlaubt eine Nebenbeschäftigung von 20 Stunden pro Woche und ein Probearbeiten von zwei Wochen – eine Möglichkeit zum gegenseitigen Kennenlernen von Arbeitgeber und Bewerber also, die auch für Logistikjobs von Interesse sein dürfte.

Logistikarbeitsmarkt

Sprachbarrieren spielten keine Rolle, sagt Uwe Berndt von der Logistik-Initiative Die Wirtschaftsmacher: „Unternehmen in diesem Wirtschaftsbereich tun sich hier besonders leicht, weil Logistik ein weltumspannendes Geschäft ist und die Zusammenarbeit mit Menschen aus aller Herren Länder zum Arbeitsalltag gehört.“

Umfragen zufolge sind die Logistiker allerdings zurückhaltender darin, im Ausland Arbeitskräfte zu rekrutieren, als Personalverantwortliche anderer Branchen. Sie dürften somit davon profitieren, wenn Arbeitswillige direkt auf dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Zumal einfachqualifizierte Arbeitskräfte auf ihrer Wunschliste weit oben rangieren. Branchenkenner Berndt betont: „Seit vielen Jahren schon integrieren Logistikunternehmen Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern – da gibt es keine Berührungsängste, im Gegenteil.“

Punktesystem

Mindestens sechs Punkte müssen Bewerber für die Chancenkarte sammeln. Punkten kann man beispielsweise mit Sprachkenntnissen, Berufsqualifikation, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und einem Alter unter 40 Jahren. Die Idee des Punktesystems hat man von Kanada übernommen, wo man mittels dieser Methode erfolgreich Fachkräfte ins Land lockt – und zwar bereits seit über 50 Jahren.

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