FTS/AMR-Anlagen im Spiegel der Märkte

Europäische Hersteller von Anlagen mit Fahrerlosen Transportfahrzeugen können für sich in Anspruch nehmen, mit neuen Technologien, umfassenden Standardisierungsplattformen und einer hohen Engineering-Qualität die weltweite Entwicklung wesentlich geprägt zu haben. Aktuell ist der europäische Herstellermarkt durch Zusammenschlüsse, Joint Ventures und Übernahmen im Umbruch. Internationale Player positionieren sich neu und haben prioritär den europäischen Markt im Fokus.
Prof. (i.R.) Dr.-Ing. habil. Lothar Schulze, Geschäftsführender Inhaber bei UBS
Prof. (i.R.) Dr.-Ing. habil. Lothar Schulze, Geschäftsführender Inhaber bei UBS Bild: Unternehmensberatung Schulze GmbH

Treiber der FTS-Entwicklung in Europa und vornehmlich in Deutschland ist eine mittelständisch geprägte Herstellerindustrie, die den Vorzug einer kleinen Übersetzung vom Markt zur eigenen Entwicklung hat. Ein entscheidender Erfolgsfaktor der zumeist inhabergeführten Unternehmen ist die langfristige Verantwortungskontinuietät.

Die gegenwärtigen Herausforderungen sind für kleine und mittlere FTS-Anbieter immens. Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Autonomie und Nachhaltigkeit sind Entwicklungslinien, die die zukünftige FTS/AMR-Welt prägen werden und denen man gerecht werden muss.

Prof.'in Dr.-Ing. Li Li, PhD, Technische Hochschule OWL, Lemgo, Fachgebiet "Technische Logistik"
Prof.'in Dr.-Ing. Li Li, PhD, Technische Hochschule OWL, Lemgo, Fachgebiet "Technische Logistik" Bild: Unternehmensberatung Schulze GmbH

Schlaglichter zum europäischen FTS/AMR-Markt

Bei den FTS-Inbetriebnahmen europäischer Hersteller zeigt sich, dass im Durchschnitt der letzten fünf Jahre mehr als die Hälfte der realisierten FTS-Anlagen höchstens fünf Fahrzeuge umfassen, die wiederum überwiegend eine hohe Fahrzeugkomplexität aufweisen. Etwa sieben Prozent der Anlagen haben mehr als 25 Fahrzeuge, einige davon 100 Fahrzeuge und mehr.

Knapp 50 Prozent der europäischen Hersteller sind branchenfokussiert. Sie kennen die Anforderungen der Anwenderbranche und deren besondere Betriebsbedingungen. In diesem Zusammenhang sind auch die Herausforderungen durch die umfassenden und spezifischen Anforderungen der Pharma-, Automobil- und Lebensmittelindustrie zu nennen.

Tiefgreifende industrielle Strukturänderungen, wie sie in Deutschland anstehen, haben essentielle Konsequenzen für die FTS/AMR-Hersteller. Sie beschränken sich überwiegend noch immer auf den europäischen Markt, der absehbar „enger“ werden wird. Erste Unternehmen werden initiativ und streben globale Markterweiterungen an.

Vor diesem Hintergrund ist eine Initiative der Hannover Milano Fairs Shanghai Ltd. von Bedeutung, die in Kooperation mit der Unternehmensberatung Schulze (UBS) den jährlich stattfindenden „International AGV Pavilion“ auf der CeMAT ASIA entwickelt hat. Der Pavilion, der auch 2024 ausgerichtet wird, ist eine offene globale Plattform für alle Anlagen- und Komponentenhersteller von FTS/AMR-Anlagen, die den asiatischen Markt nicht außer Acht lassen wollen.

Nachhaltiges Wachstum im globalen Markt

Der globale FTS/AMR-Markt zeichnet sich durch ein progressives Wachstum aus. Die Anzahl der realisierten Anlagen und Fahrzeuge nimmt nachhaltig zu. Im Kontext dazu Insbesondere vergrößert sich auch der chinesische Herstellermarkt von Jahr zu Jahr, was auf die Strategie „China 2025“ zurückzuführen ist. Strategisch angelegt ist es, Abhängigkeiten zu reduzieren und neue Märkte zu erschließen.

Die chinesischen FTS/AMR-Hersteller haben schnell erkannt, dass das Systemgeschäft in Europa nur mit einer regionalen vor-Ort-Präsenz erfolgreich sein kann. Das reicht von der Planung und Angebotserstellung über die Kundenbetreuung bis hin zur Ersatzteillogistik.

Die neuen Marktbegleiter werden dazu beitragen, dass der europäische Markt dynamischer, vielfältiger und interessanter wird. Ein Unterschätzen dieser abzusehenden Entwicklung wäre fahrlässig. Joint Ventures mit leistungsfähigen chinesischen Partnern sind im Zulauf und teilweise schon endverhandelt.

Chinesische Unternehmen werden zukünftig in allen Bereichen der Fördertechnik und Intralogistik gleichermaßen ernstzunehmende Wettbewerber und relevante Partner sein. FTS/AMR-Systeme sind als chinesische Fahrzeug- und Anlagen-Exporte absehbare europäische Realität.

Die marktgerechte Reaktion auf diese Entwicklung sind sicherlich nicht Einschränkungen des europäischen Marktzugangs. Vielmehr gilt es sich durch Leistung, Kreativität und Innovation flankiert von wettbewerbsfähigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im globalen Wettbewerb zu platzieren.

Die deutschen FTS-Hersteller waren einmal die Pioniere für den chinesischen Markt, konnten das aber nicht konsolidieren und haben gegenwärtig an dem Wachstum des chinesischen FTS/AMR-Marktes einen rückläufigen und unterproportionalen Anteil. Es ist abzusehen, dass der Anteil engagierter deutscher Hersteller im chinesischen Markt aus vielfältigen Gründen, die zum Teil nicht dem unternehmerischen Einfluss unterliegen, abnehmen wird.

Gleichzeitig schließen andere europäische Hersteller mit Erfolg die entstehenden Lücken. Das trifft nicht nur für den FTS/AMR-Bereich, sondern auch für andere intralogistische Bereiche zu, insbesondere für die deren Produktherstellung energieintensiv ist.

Neuorientierungen und Umbrüche im FTS/AMR-Herstellermarkt

Weltweit haben Software- und KI-Unternehmen sowie global und regional agierende Konzerne das Geschäftsfeld „FTS/AMR-Anlagen“ als attraktiv identifiziert. Mit der Übernahme von renommierten FTS-Herstellern sichert man sich den Zugriff auf das Technologie- und Branchen-Knowhow, das vorhandene Netzwerk und den Kundenstamm.

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Unternehmensberatung Schulze GmbH

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