Gesetz verpflichtet auch Logistik

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Alle Supply-Chain-Beteiligten müssen abklären, ob sie davon betroffen sind und welche Risiken ihre Tätigkeit mit sich bringt. Andernfalls drohen hohe Bußgelder.
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Das ‚Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten‘ (LkSG) wird ab 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden gelten. Die adressierten Unternehmen müssen genau analysieren, ob in ihrem unternehmerischen Tun im Ausland soziale und ökologische Mindeststandards gefährdet sind, und Vorkehrungen treffen, um Verstöße zu verhindern oder abzumildern. Dem Gesetzgeber reicht das Einhalten von Sozial-, Arbeits- und Umweltstandards im heimischen Unternehmen nicht mehr; das, was im Inland selbstverständlich ist, soll auch bei Auslandsgeschäften sichergestellt sein.

Adressaten des Gesetzes

Alle an einer Lieferkette Beteiligten können vom neuen Gesetz betroffen sein, direkt oder indirekt. „Die Lieferkette im Sinne des Gesetzes umfasst alle Prozesse von der Herstellung bis hin zur Lieferung an den Endkunden“, erläutert Rechtsanwalt Max Jürgens, Außenhandelsexperte in der Kanzlei Graf von Westphalen in Hamburg. Wie jedes Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten können auch Logistikunternehmen direkte Adressaten des Gesetzes sein.

Bei weniger Beschäftigten sind sie womöglich indirekt über ihren Auftraggeber in der Pflicht, etwa wenn sie als Auftragnehmer für einen großen Kunden internationale Lieferketten organisieren oder wenn sie als Fulfillment-Dienstleister die logistischen Prozesse B2C für einen Online-Händler abwickeln. Das LkSG betrachtet sie dann als ‚Zulieferer‘ ihres Auftraggebers, die ebenso unter das Gesetz fallen. „Man will einen Trickle-down-Effekt schaffen, ein Durch- und Weitersickern der Sorgfaltspflichten“, erklärt Anwalt Jürgens den gesetzgeberischen Ansatz.

Mit Risikoanalyse Bußgelder vermeiden

Dreh- und Angelpunkt der neuen Sorgfaltspflichten ist eine fundierte Risikoanalyse. „Im Logistik- und Transportgewerbe dürften aktuell die größten menschenrechtsbezogenen Risiken im Bereich des Arbeitsschutzes liegen“, sagt Experte Jürgens. Daneben stellt das Einhalten von Umweltstandards bei allen logistischen Prozessen über die gesamte Supply Chain hinweg eine große Herausforderung dar.

Sind die Risiken benannt, gilt es, einen Maßnahmen-Mix aus Vorsorge und adäquater Reaktion für den Ernstfall zu finden. Denn Verpflichtungserklärungen in den Verträgen allein werden nicht mehr ausreichen, um Bußgelder abzuwenden. Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ist mit umfangreichen Rechten ausgestattet, Vor-Ort-Kontrollen sind ebenso möglich wie Einsichtnahmen in die Geschäftsbücher. Der Bußgeldrahmen ist nach oben hin offen und kann für Unternehmen mit mehr als 400Mio. Euro Jahresumsatz in die Millionenhöhe gehen.

Veränderte Warenströme beeinflussen Logistik

Ein Corona-bedingter Trend zur Regionalisierung könnte sich durch das Sorgfaltspflichtengesetz verstärken. Denn wenn die Partner in der Europäischen Union ansässig sind, bietet dies einen verlässlicheren gesetzlichen Rahmen für Menschenrechte, Arbeits- und Umweltstandards. Daraus resultierende kompaktere Lieferketten hätten auch Auswirkungen auf die Intralogistik: kürzere Transportwege, mehr Just-in-Time-Belieferung, erhöhte Liefertaktung, weniger Lagerhaltung, mehr Zwischenläger. Mehr Resilienz und Sicherheit in der Lieferkette – hier ziehen Gesetzgeber und Unternehmer an einem Strang.

Anja Falkenstein ist als Rechtsanwältin in Karlsruhe tätig und schreibt zu Themen an der Schnittstelle Logistik/Recht.

Graf von Westphalen Fritze & Modest GmbH

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