20-jähriges Jubiläum HLT

Wie digitale Prozesse die Transportlogistik verändern, erläuterten Babett Esche, FrachtGefährten und Oliver Zentgraf, FME Frachtmanagement Europa. Mit dem Modul „Frachtoptimierung“ steht eine Softwareanwendung zur digitalen Transportplanung zur Verfügung, deren Algorithmen aus tausenden Optionen die optimale Tourenplanung und Frachtvergabe in wenigen Minuten ermittelt. Die Software kann individuell, durch Hinterlegen spezifischer Wünsche, wie Transport- und Ladungseigenschaften, agieren. Durch komplexe Berechnungen ergeben sich in verschiedenen Bereichen Einsparpotentiale von bis zu 20 Prozent.

Nachhaltige Warentransporte auf der letzten Meile stellen ein Problemfeld dar, was Logistiker veranlasst, nach attraktiven Lösungen zu suchen bzw. diese zu entwickeln. Über einen Pilotversuch mit dem E-Cargo Bikes berichteten Patrick Rottensteiner von der österreichischen REWE-Tochter Billa und Christian Kühnhold von EcoCarrier. Der Gütertransport auf der letzten Meile, so die Referenten, ist intransparent, nicht digitalisiert, oft unprofessionell und nicht nachhaltig. Nach deren Aussagen gibt es keinen Logistikdienstleister für die letzte Meile, welcher in der Lage ist, alle Arten von Gütern verschiedener Beteiligter effizient und nachhaltig zu befördern. Typische Last-Mile-Probleme sind Kommunikationsprobleme, Verkehr, Parkplatzsituation, hoher Zeitaufwand und Lieferung außerhalb der Geschäftszeiten. Dazu kommen noch die staatlichen Beschränkungen, z.B. Verbotszonen, Umweltvorschriften, Lenk- und Ruhezeiten und Emissionsvorschriften (Dieselverbot, Umweltzonen). Für das Pilotprojekt stellte EcoCarrier die E-Cargo-Bikes mit optimaler Nutzlast sowie verfügbarem Ladevolumen zur Verfügung. Nach Salzburg (2021) wurde 2023 Graz als Pilotregion gewählt. Die bisherigen Ergebnisse sind ermutigend. Das Ziel von EcoCarrier ist es, die Nr. 1 der CO2-neutral betriebenen Lösungen für die letzte Meile zu werden.

Über die Zukunft der urbanen Logistik sprach Felix Schlereth von Renault Trucks Deutschland. Er skizzierte deren Entwicklung u.a. anhand sich rasch verändernder Lieferzeiten auf Wunsch der Kunden. Betrug die Lieferzeit im Jahr 2000 noch 3-5 Tage, so verkürzte sich diese gegenwärtig auf eine Stunde. Erkauft wird sich diese Lieferschnelligkeit mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt durch einen enormen Anstieg der gefahrenen Straßenkilometer und der daraus resultierenden CO2-Belastung. Dass die Automobilhersteller im Fokus der Klimaschützer stehen, ist nicht weiter verwunderlich. Auch der Gesetzgeber hat mit einem fixierten Zeitplan reagiert, der einen Rückgang des CO2-Ausstoßes für Nutzfahrzeuge bis 2040 von 90 Prozent vorsieht.

Der Aussage des Polarforschers Robert Swan, dass die größte Bedrohung für unseren Planeten der Glaube Ist, dass jemand anderes ihn retten wird“, begegnet Renault Trucks Germany u.a. damit, dass sich das Unternehmen dem 1,5°C Szenario verpflichtet hat. Bei seinen direkten Emissionen aus eigener Produktion, welche 5 Prozent der CO2-Emissionen ausmachen, will das Unternehmen 2030 eine Reduktion von 50 Prozent gegenüber 2019 erreichen. Gleiches gilt für die Emissionen der eingekauften Produkte. Bei allen anderen indirekten Emissionen, inklusive der Emissionen von verkauften Produkten, die für 95 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sind, verpflichtet sich Renault Trucks Germany 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2019 zu erzielen. Für 2050 ist ein CO2-Ausstoß von Net Zero anvisiert. Unterstützt wird diese Vorhaben dadurch, dass bei Renault alles, was batterieelektrisch fahren kann, batterieelektrisch fahren wird.

Logistik in Zeiten von Chaos – Auswirkungen auf die weltweiten Lieferketten, so lautete der Referatstitel von Prof. Dr. Michael Schröder (Duale Hochschule BW). In seinem Beitrag skizzierte er drei massive Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die logistischen Ketten, jenseits des Krieges. Zur Komplexität gehört die Diskussion über die Konfiguration der Lieferketten unter Berücksichtigung der Lohnkosten im internationalen Vergleich. Da auch signifikante Unterschiede bei den Lohnstückkosten zu beobachten sind, ist der Weg zurück (von China) nahezu ausgeschlossen. Durch die neue Baureihe von Containerschiffen der Megamax-24-Klasse durch die Mediterranean Shipping Company (MSC) sind günstige(re) globale Transportkosten zu erwarten. Die Alternative Landverkehr – Trans-Eurasia-Express – ist durch das katastrophale Verhältnis der Kapazitäten von 1:230 äquivalent nicht gegeben. Der Suez-Kanal als Rennstrecke globaler Warenströme im Seehandel hat mit dem Stau im Jahr 2021, verursacht durch die Ever Given, für Verunsicherung gesorgt. Die alternativen Seerouten (Nord-Ost-, Nord-West Passagen) bieten sich nicht zwingend an, da sie mit negativen Auswirkungen auf die Kapitalbindungskosten korrelieren. Insofern kommt einer veränderten Sichtweise auf Lagerbestände eine zunehmende Bedeutung zu. Das klassische Materialportfolio mit der Klassifizierung der Produkte nach Versorgungsrisiko und Einkaufsvolumen beinhaltet eine Referenzempfehlung für den betrieblichen Einkauf. Die Einkaufsstrategie unter Berücksichtigung von Versorgungsrisiko und Ergebnisbeeinflussung zielt auf eine Vorratsbeschaffung zur Unabhängigkeit der der Beschaffung nachgelagerten Prozesse ab. Die Bestandssicherung durch Neujustierung der Bestellparameter steht ebenso in der Beobachtung, wie das Just in time Konzept mit dem Fokus auf die letzte Meile. Als Konsequenz gilt es, Logistikflächen als conditio sine qua non des erwarteten Bestandsaufbaus zu sichern.

Resümee

Die Jubiläumsveranstaltung hatte einen würdigen Rahmen, bei der man viel über erfolgreiche Firmen, interessante Projekte und innovative Technologien in der Logistik erfuhr. Die 21. HLT sollen am 28. und 29. Februar nächsten Jahres stattfinden. Die Planungen laufen bereits, eine interessante Location wird gesucht und rechtzeitig bekanntgegeben.

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GMP Gesellschaft für Marketing und Public Relations

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Bild: ©Gerd Knehr/Dematic
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