Optimierung der E-Commerce-Logistik

Bild: Picavi GmbH

Jeden achten Euro haben deutsche Haushalte 2020 für Onlinebestellungen ausgegeben. Mit den steigenden Auftragszahlen im E-Commerce wachsen auch die Herausforderungen für die Logistik. Damit dort auch in Zukunft ein Rädchen ins andere greift, müssen viele Unternehmen ihre Lieferketten optimieren. Häufig sind es bereits kleine Stellschrauben, mit denen Logistiker ihre Prozesse verbessern können.

Die Kontaktbeschränkungen und die zeitweise Schließung des stationären Einzelhandels bescherte dem E-Commerce im vergangenen Jahr einen zusätzlichen Wachstumsschub. Laut einer Verbraucherbefragung des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) lag der Umsatz der E-Commerce-Händler bei 83,3Mio. Euro. Das entspricht einem Wachstum von 14,6 Prozent. Die Experten des BEVH gehen davon aus, dass ein Großteil der Corona-bedingten Nachfrage auch nach der Pandemie anhalten wird – und das bringt zusätzliche Auswirkungen für die Logistik mit sich. Die Auftragszahlen bringen Logistikdienstleister und Unternehmen an Kapazitätsgrenzen. Alle Logistiker sollten sich daher bereits heute Gedanken machen, wie sie den E-Commerce meistern wollen. Fünf vielversprechende Handlungsfelder lassen kurzfristige Erleichterungen erwarten.

Handlungsfeld Nr. 1: die Fehlerquote im Lager

Der Erfolg in der Logistik steht und fällt mit einer hervorragenden Lieferqualität. Gleichzeitig steht fest: Wo Menschen am Werk sind, passieren Fehler. Der Ablauf im Lager lässt sich in kleinste Handlungsschritte unterteilen. In jedem einzelnen Aufgabenbereich gibt es Optimierungspotenzial – und das gilt es zu identifizieren.

Ein Beispiel dafür ist die Kommissionierung. 80 Prozent aller Informationen nimmt der Mensch visuell auf. Da liegt es nahe, sich dies auch in der Kommissionierung zu Nutze zu machen. Entscheidend dabei ist das User-Interface. Bei dessen Gestaltung sollten Unternehmen darauf achten, dass dem Mitarbeiter nur die für seinen jeweiligen Arbeitsschritt relevanten Informationen angezeigt werden. So bleibt die Komplexität des gesamten Prozesses im Hintergrund. Um die Verwechslungsgefahr bei sich häufig verändernden Warenbeständen oder schwer unterscheidbaren Produkten zu verringern, könnten Logistiker beispielsweise ein Foto des richtigen Artikels direkt in das User-Interface integrieren. Um auch darüber hinaus fehlerhafte Picks auszuschließen, sollten sich in das User-Interface der Kommissioniermethode auch weitere Sicherheitsvorkehrungen integrieren lassen. Ein Beispiel wäre, dass der Picking-Prozess nur fortgesetzt werden kann, wenn zuvor die richtige Ware gescannt wurde.

Mit einer minimierten Fehlerquote beim Picking sinkt gleichzeitig auch die Menge an Retouren. Einer der häufigsten Gründe für Retouren neben falsch gelieferter Ware ist jedoch die Unzufriedenheit mit dem Artikel selbst. Daher ist im E-Commerce die Rückgabequote deutlich höher als im stationären Einzelhandel. Wer online bestellt, sieht die Ware erst bei sich zuhause. Wirkt die Farbe des Artikels im natürlichen Licht anders oder ist die Passform nicht wie im Netz abgebildet, wird das Paket wieder zurückgeschickt. Damit sind zusätzliche finanzielle Aufwendungen verbunden, die den Logistiker im E-Commerce im schlimmsten Fall sogar die Marge kosten. Das führt zum nächsten Handlungsfeld.

Handlungsfeld Nr. 2: das Retourenmanagement

Ein effektives Retourenmanagement leistet bei der Abwicklung von Onlinebestellungen einen entscheidenden Beitrag zur Rentabilität. E-Commerce-Händler sollten dazu präventiv eine hohe Kommissionierqualität sicherstellen und auch den Prozess der Bearbeitung von Retouren überdenken. Ein Großteil des Aufwands entsteht bei der Sichtung, der Identifikation und Prüfung der Artikel. Dabei geht es darum, die Ware auf ihren Wiederverkaufswert hin zu prüfen und sie anschließend an den richtigen Lagerplatz zu bringen. Das ist ein entscheidender Prozess, der unbedingt fehlerfrei ablaufen muss. Empfehlenswert ist es, dabei technische Hilfsmittel einzusetzen: Die Mitarbeiter können beispielsweise durch Wearables unterstützt werden. Sind diese mit einem gut durchdachten User-Interface ausgestattet, lassen sich Fehler damit deutlich minimieren – insbesondere auch bei der Wiedereinlagerung der Artikel.

Handlungsfeld Nr. 3: die Produktivität

Um allen Aufträgen auch in Zukunft in gewohnter Zuverlässigkeit gerecht zu werden, müssen Onlinehändler die Produktivität ihrer Logistik steigern. Dazu muss jedoch nicht unbedingt die Anzahl der Kommissionierer je Schicht erhöht werden. Häufig reicht es bereits aus, die eingesetzte Kommissioniermethode auf den Prüfstand zu stellen. Allein durch den Wechsel der Kommissioniermethode lassen sich deutliche Produktivitätssteigerungen von 20 Prozent und mehr erzielen: Empfehlenswert ist die Auswahl eines Systems, mit dem die Mitarbeiter im gesamten Arbeitsprozess beide Hände frei haben. Unbedingt zu überprüfen ist das User-Interface. Eine konsequente Führung durch den Prozess mit einem modernen User-Interface trägt maßgeblich zur Beschleunigung der Abläufe bei.

Handlungsfeld Nr. 4: die Macht der Daten

Der Schlüssel zu einer noch besseren Logistikperformance sind Daten. Empfehlenswert ist es, die Informationen zu nutzen, die direkt am relevanten Prozess entstehen. Werden diese Daten erfasst, lassen sich damit enorme Optimierungspotenziale in der Logistik nutzen – beispielsweise bei der Platzierung der Artikel im Lager oder der Wegeoptimierung für die Mitarbeiter. Ein zusätzlicher Tipp: Logistiker sollten sich beim Anbieter ihrer Kommissionierlösung erkundigen, welche Möglichkeiten er schafft, um die im Arbeitsprozess entstehenden Informationen zu nutzen.

Business-Intelligence-Systeme, die entsprechende Daten auswerten, identifizieren alle Prozesse mit Verbesserungsbedarf. Der Transport zum Regal, Rüstzeiten oder manuelle Mengenkorrekturen sind elementarste Kleinschritte, die häufig bereits enormes Optimierungspotenzial bieten. Um diese Daten überhaupt erfassen zu können, ist der Einsatz von Wearables eine wichtige Voraussetzung. Anhand von Visualisierungen der Analyseergebnisse können Anwender ablesen, wie und entsprechend auch durch welche Maßnahmen potenzielle Ineffizienz verbessert werden kann.

Handlungsfeld Nr. 5: die Mitarbeiter

Ein häufig vergessenes Handlungsfeld sind die Mitarbeiter im Lager: Wenn Logistiker Prozesse ändern, ist es elementar wichtig, dass die Mitarbeiter zeitnah in den Change-Prozess eingebunden werden. Nur so schaffen Unternehmen die nötige Akzeptanz für neue Lösungen. Mitarbeiter, die in neuen Maßnahmen mehr Komplikation als Hilfe sehen, können den Erfolg des Projekts gefährden. Anwender sollten daher dafür sorgen, dass beispielsweise den Kommissionierern ein unkomplizierter Einstieg in neue Methoden ermöglicht wird. Logistiker müssen bei der Auswahl der Optimierungsmaßnahmen darauf achten, dass die Lösung auch zum Team passt. Nicht jede Assistenz- und Kommissioniermethode ist wirklich komfortabel und einfach anwendbar. Ein wichtiges Thema ist die Ergonomie am Arbeitsplatz. Unternehmen sollten darauf achten, dass neue Lösungen Mitarbeiter sowohl körperlich als auch kognitiv entlasten und flexibel mit dem eigenen Business wachsen können.

Fazit

Positive Effekte erzielen Anwender in allen fünf Handlungsbereichen mit Assistenzsystemen, die über ein modernes User-Interface verfügen: Dieses sollte genau an die Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst werden, sodass sie intuitiv durch den Kommissionier- und den Retourenprozess geführt werden. Gleichzeitig lassen sich in dem über die Wearables gesteuerten Prozess effektiv Vorkehrungen treffen, um Pickfehlern vorzubeugen. Mit den darin integrierten Sensoren können Intralogistiker wichtige Prozessdaten im Detail erfassen und zur Optimierung der Lagerperformance nutzen. So werden proaktiv kleine Stellschrauben identifiziert und eingestellt, mit denen E-Commerce-Unternehmen ihre Logistik an die ständig wachsenden Anforderungen anpassen können.

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