Lagerlogistik der Zukunft

"Das neue Normal macht Lagermodernisierung dringend notwendig, bietet aber gleichzeitig Chancen für die Zukunft" - Daniel Dombach, Director EMEA Industry Solutions bei Zebra Technologies, im Interview über die Top-Technologie-Trends, die die Lagerhaltung und Logistik bis 2025 bestimmen werden.
 Mobile Geräte spielen heute eine Schlüsselrolle im modernen Warenlager. Handhelds, Tablets und Scanner beschleunigen Arbeitsabläufe, ermöglichen Ortung durch BLE-Beacons, vernetzen Mitarbeiter und sammeln Transaktionsdaten für Optimierungen.
Mobile Geräte spielen heute eine Schlüsselrolle im modernen Warenlager. Handhelds, Tablets und Scanner beschleunigen Arbeitsabläufe, ermöglichen Ortung durch BLE-Beacons, vernetzen Mitarbeiter und sammeln Transaktionsdaten für Optimierungen.Bild: Zebra Technologies Europe Ltd.

Herr Dombach, warum ist es gerade heute so wichtig, Lagerhäuser zu modernisieren?

 Daniel Dombach, Director EMEA Industry Solutions bei Zebra Technologies.
Daniel Dombach, Director EMEA Industry Solutions bei Zebra Technologies.Bild: Zebra Technologies Europe Ltd.

Daniel Dombach: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass fortschrittliche Lagertechnik ausschlaggebend ist, um reibungslose Abläufe in der Lieferkette und damit die Kontinuität des Geschäftsbetriebs zu gewährleisten. Die meisten Lagerhäuser befinden sich jedoch immer noch im Anfangsstadium ihrer digitalen Transformation. Laut der 2024 Warehousing Vision Study von Zebra, haben nur 35 Prozent der Lagerhausbetreiber eine klare Vorstellung davon, wo sie mit der Automatisierung beginnen sollen. In der aktuellen Situation sind diese Fragen relevanter als je zuvor und zwingen viele Unternehmen ihre digitale Transformation zu beschleunigen.

Lagerhausbetreiber haben eine Menge Markterschütterungen miterlebt und wissen daher, dass eine Modernisierung für eine erfolgreiche und stabile Lieferkette notwendig ist. Nicht nur, um der aktuellen Nachfrage gerecht zu werden, sondern auch, um echte Innovationen für die Zukunft zu ermöglichen.

Echtzeitinformationen und Nachverfolgbarkeit von Kapital, Inventar und Arbeitsabläufen sind für Lagerhausbetreiber mittlerweile zum entscheidenden Faktor geworden.

Wie können Lagerhausbetreiber nun rasch auf den Digitalisierungs-Zug aufspringen?

Dombach: Zebra Technologies hat ein Rahmenmodell entwickelt, das Lagerbetreibern und -managern helfen soll, zu verstehen, wo sie sich auf ihrem Weg zur Lagermodernisierung befinden. Laut der 2024 Warehousing Vision Study von Zebra wollen 61 Prozent der Lagerhausbetreiber in neue Technologien investieren und über drei Viertel (77 Prozent) der Entscheider stimmen zu, dass sie ihre Lagerprozesse modernisieren müssen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Dabei sollten sie unbedingt prüfen, ob ihre Inventionen von heute zukunftssicher genug sind, eine solide Grundlage zur Adaption neuer Tools bieten und so auch ihren Geschäftserfolg von morgen garantieren.

Wie wird Lagerwirtschaft und Logistik 2025 aussehen? Was sind die Top-Technologie-Trends?

Dombach: Der technische Fortschritt eröffnet uns gerade eine Fülle von Möglichkeiten – und wird tatsächlich eine neue Ära der Lagerwirtschaft einläuten. In einem modernen Lager im Jahr 2025 verwalten RFID (Radiofrequenz-Identifikation)-, Verfolgungs- und Ortungssysteme sowie Temperatursensoren wichtige Informationen in Echtzeit. Augmented Reality macht die Orientierung im Lager zum Kinderspiel. Autonome mobile Roboter (AMRs) nehmen den Mitarbeitern schwere körperliche Arbeit ab.

IoT-(Internet of Things)-verbundene Geräte und Datenplattformen ermöglichen künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen (ML) und intelligente Automatisierung – auch robust, unter den äußeren Bedingungen im Lager. Dies schafft signifikante Möglichkeiten für Lagermanager, mit KI und ML ihren Betrieb in Bezug auf ihre aktuellen Key Performance Indicators (KPIs) und ihre Zukunftsvision zu verbessern. Um in einem hart umkämpften Markt geschäftlich erfolgreich zu sein, wird außerdem die präskriptive Datenanalyse zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Können Sie uns ein Beispiel für Echtzeit-Nachverfolgung nennen?

Dombach: Mit RFID- und RTLS-Lösungen in Kombination mit Temperatursensoren kann man beispielsweise die Temperatur von Impfstoffen, Arzneimitteln, Lebensmitteln und anderen verderblichen Artikeln in Echtzeit verfolgen. Die Mitarbeiter werden gewarnt, wenn Temperaturschwellenwerte erreicht werden. So kommen empfindliche Güter unbeschadet am Zielort an. Bei hochwertigen Gütern, die ein hohes Maß an Genauigkeit zur Verfolgung erfordern, wird Ultrabreitband (UWB) eingesetzt, ein drahtloses Kommunikationsprotokoll mit kurzer Reichweite.

Wie kann man sich den Einsatz von Augmented Reality in der Lagerhalle vorstellen?

 MotionWorks Proximity von Zebra Technologies heißt die Softwarelösung zur Näherungsanalyse und Kontaktprotokollierung für Mobilcomputer.
MotionWorks Proximity von Zebra Technologies heißt die Softwarelösung zur Näherungsanalyse und Kontaktprotokollierung für Mobilcomputer.Bild: Zebra Technologies Europe Ltd.

Dombach: Mobile Geräte spielen bereits heute eine Schlüsselrolle im modernen Warenlager. Mobile Computer, Tablets und Scanner beschleunigen Arbeitsabläufe, ermöglichen die Ortung durch BLE, vernetzen die Mitarbeiter und sammeln Transaktionsdaten für die Berichterstellung und verwertbare Daten für Optimierungen. Die jüngsten Innovationen kombinieren Mobilität mit Augmented Reality (AR), um die Effizienz in der Lagerwirtschaft zu erhöhen. AR kombiniert künstliche Intelligenz (KI) mit der physischen Realität, so dass die Mitarbeiter von beidem profitieren können. Stellen Sie sich vor, Sie gehen einen Lagerkorridor mit einem Heads-up-Display mit einer AR-Anwendung entlang. Wenn man sich dem Standort des Artikels nähert, leuchtet der Bereich mit dem Bild des Produkts, der zu kommissionierenden Menge und dem Ort, an dem es auf den Wagen gelegt werden soll, auf. Im weiteren Verlauf des Korridors werden die Mitarbeiter durch die Anwendung zu den Standorten der verbleibenden Artikel geführt, die auch eine Liste der Waren, ihren Standort und den schnellsten Weg durch ein Lager zu ihrem Bestimmungsort anzeigen können. All das kann auch auf Windschutzscheiben von Fahrzeugen, wie Gabelstaplern, eingeblendet werden.

Wie kann mir Automatisierung und künstliche Intelligenz dabei helfen, Arbeitsabläufe zu optimieren?

Dombach: Autonome mobile Roboter (AMRs) werden Menschen nicht ersetzen, aber Seite an Seite mit ihnen zusammenarbeiten. Das hilft, die Leer- und Wegezeiten, die mit der Beförderung von Gütern verbunden sind, erheblich zu reduzieren. Das führt zu höherer Produktivität und die Mitarbeiter haben mehr Zeit für wichtigere Aufgaben, die eine flexible Problemlösung erfordern. Dies kann entscheidend dazu beitragen, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz oder Anwendungs-Programmierschnittstellen (APIs) von Unternehmens-Plattformen wie Zebra Savanna, können Unternehmen ihre Arbeitsabläufe in Echtzeit auf der Grundlage von Daten vorhersagen und anpassen. Lagermitarbeiter können Einsicht in Daten erhalten oder klare, zielgerichtete Korrekturmaßnahmen erarbeiten, die eine höhere Produktivität und insgesamt eine bessere Lieferkette ermöglichen. Lagerbetriebe, die diese Technologien nutzen, haben die Möglichkeit, sie in bestehende Hardware-, Software- und Daten-Ökosysteme zu integrieren, um eine umfassende Sicht auf ihr Unternehmen zu erhalten. So wie die Möglichkeiten gestiegen sind, Daten zu erfassen und auszuwerten, so wird auch die Bedeutung der Datenanalyse für Lagerhäuser massiv steigen.

Bietet Zebra auch eine Lösung an, um die Abstandregeln während der Corona-Pandemie zu gewährleisten?

Dombach: MotionWorks Proximity von Zebra Technologies ist eine Softwarelösung zur Näherungsanalyse und Kontaktprotokollierung für Mobilcomputer. Sie erstellt Nachweise zur Kontaktverfolgung, Dashboards oder Mitarbeiterprotokolle. Die Daten sind an eine Mitarbeiter-ID oder eine anonymisierte Benutzer-ID gebunden, um seitens der Arbeitgeber Maßnahmen zu ermöglichen, während die Privatsphäre der Mitarbeiter geschützt bleibt. Diese genaue automatisierte Kontaktverfolgung hilft den Unternehmen, schnell betroffene Mitarbeiter zu identifizieren, damit diese sich testen lassen können. So kann man einer umfassenderen Betriebsschließung entgegenwirken.

Herr Dombach, ich bedanke mich für das interessante Interview und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg.

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