Innovation liegt in unserer DNA

Der Einsatz von Drohnen, fahrerlosen Transportsystemen (AGV) und autonomen mobilen Robotern (AMR) ist in der Intralogistik inzwischen Alltag. Doch das ist erst der Anfang. Denn die Lagerprozesse werden zunehmend komplexer, die Bestände immer vielfältiger. Wie also sieht es aus, das Lager der Zukunft? Einer der weltweit führenden Hersteller für integrierte Automatisierungstechnik, Dematic, setzt hierbei auf einen ganzheitlichen Ansatz - und die umfassende Lösungskompetenz unter dem Dach der Kion Group. dhf Intralogistik hat im Vorfeld der Logimat mit Bernard Biolchini, Executive Vice President EMEA bei Dematic, über die aktuellen und künftigen Anforderungen an Lager, Software und Dienstleistungen im Rahmen der Supply Chain-Optimierung sowie über ein Leuchtturmprojekt in Dubai gesprochen.
Bernard Biolchini, Executive Vice President EMEA bei Dematic, spricht im großen Logimat-Interview über die Anforderungen an das Lager der Zukunft.
Bernard Biolchini, Executive Vice President EMEA bei Dematic, spricht im großen Logimat-Interview über die Anforderungen an das Lager der Zukunft.Bild: Dematic GmbH

– Herr Biolchini, der diesjährige Messeauftritt von Dematic steht unter dem Motto „engaging the future“. Was steckt hinter diesem Claim?

Bernard Biolchini: Dematic nimmt die Zukunft in Angriff – und zwar jetzt. Denn die Digitalisierung wirkt sich nicht länger nur punktuell aus, sondern auf alle Lebensbereiche, vor allem auf Wirtschaft und Handel. Aus diesem Grund verfolgen wir bei der Entwicklung und der Implementierung unserer Lösungen einen ganzheitlichen Ansatz, der sämtliche Aufgaben und Prozesse einer vollautomatisierten Supply Chain abdeckt.

Erst vor kurzem hat Dematic das neue Premium-Distributionszentrum der Landmark Group in Dubai mit seiner Automatisierungstechnik bestückt. Es ist riesig - mit einer Fläche von 265.000m2 - und verfügt über fast 2,2Mio. Kartons und zwei Millionen hängende Kleidungsstücke, die nun sehr effizient gelagert und umgeschlagen werden.
Erst vor kurzem hat Dematic das neue Premium-Distributionszentrum der Landmark Group in Dubai mit seiner Automatisierungstechnik bestückt. Es ist riesig – mit einer Fläche von 265.000m2 – und verfügt über fast 2,2Mio. Kartons und zwei Millionen hängende Kleidungsstücke, die nun sehr effizient gelagert und umgeschlagen werden.Bild: Dematic GmbH

– Das klingt gut. Aber was genau muss man sich darunter vorstellen?

Das bedeutet in erster Linie, dass wir unseren Kunden von A bis Z zur Seite stehen, sprich von der Lieferankündigung über die Lagerung und Kommissionierung bis hin zur Auslieferung, Dokumentation und Bestandsführung. Um das leisten zu können, haben wir ein umfassendes Angebot an Technologien und Systemen entwickelt, das sämtliche Prozesse eines automatisierten Lagers abdeckt – einschließlich Multishuttles, Regalbediengeräten, Förderanlagen und AMRs. Hinzu kommen Industrieroboter wie Fahrerlose Transportsysteme Schmalgangstapler und Flurförderzeuge. Und wir liefern nicht nur die Hardware, sondern auch die passende Steuerungssoftware. Unsere leistungsoptimierende Warehouse-Control-System (WCS)-Software beispielsweise erlaubt Anpassungen und Verbesserungen der Lieferkette in Echtzeit. Die sprachgesteuerte Datenverarbeitung revolutioniert die Prozesse in der Supply Chain und bringt erhebliche Produktivitäts- und Sicherheitsvorteile. Die Genauigkeit steigt um bis zu 100 Prozent.

Dematic hat ein umfassendes Angebot an Technologien und Systemen entwickelt, das sämtliche Prozesse eines automatisierten Lagers abdeckt - einschließlich Multishuttles, Regalbediengeräten, Förderanlagen und AMRs.
Dematic hat ein umfassendes Angebot an Technologien und Systemen entwickelt, das sämtliche Prozesse eines automatisierten Lagers abdeckt – einschließlich Multishuttles, Regalbediengeräten, Förderanlagen und AMRs.Bild: Dematic GmbH

– Die Software ist heute das „schlagende Herz“ jeder Lieferkette…

Absolut! Deshalb ist es von Vorteil, mit einem Anbieter zusammenzuarbeiten, der auch in dieser Hinsicht überzeugende Lösungen bietet. Wir sind überzeugt, dass es auch in Sachen Software keinen zuverlässigeren Partner gibt als Dematic. Aber wir sind weit mehr als nur ein Lieferant von Ausrüstung und Software. Wir sind Berater. Wir kennen die Branche bis in den letzten Winkel und können zu jedem Aspekt der Lieferkette beraten, bis hin zum Lebenszyklusmanagement. Unser Anspruch ist die maximale Effizienz – innerhalb und außerhalb der Anlage.

– Welche konkreten Vorteile bieten sich dem Kunden durch die verstärkte Kooperation der Kion-Schwesterunternehmen?

Wir sind der festen Überzeugung, dass ein Kunde – einerlei, ob kleines, mittleres oder großes Unternehmen – am meisten profitiert, wenn er End-to-End-Lösungen von einem einzigen Anbieter bezieht. Auf der diesjährigen Logimat in Stuttgart wollen wir dies mit mehreren innovativen und eindrucksvollen Showcases demonstrieren. Wir zeigen, wie Linde Material Handling, Still und Dematic ihre Kräfte bündeln, um nahtlose Lösungen und Dienstleistungen der Kion Group und ihrer Supply Chain-Marken anzubieten. Durch die enge Zusammenarbeit bieten wir aktuell sicher eines der attraktivsten Angebote. Einer der großen Vorteile in diesem Zusammenhang ist: Durch die Integration der Systeme sinkt die Komplexität des jeweiligen Automatisierungsprojekts. Gleichzeitig verkürzen sich die Vorlaufzeiten. Zudem sind für den Kunden alle Vorgänge maximal transparent. Bei Fragen und/oder Unklarheiten muss er sich an nur einen Ansprechpartner wenden, bei dem alle technischen und digitalen Fäden zusammenlaufen.

– Stichwort „Lager der Zukunft“: Was sehen Sie diesbezüglich auf die Unternehmen zukommen?

Aus Zeit-, Raum- und Fachkräftemangel bei gleichzeitig hartem Wettbewerb und hohem Kostendruck resultieren hohe Anforderungen in puncto Effizienz und Verfügbarkeit eines Lagers. Unsere Branche hat diesbezüglich in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht. Um jedoch die nächste Stufe der Intralogistik zu erklimmen, braucht es mehr. Mehr Zuverlässigkeit entlang der gesamten Supply Chain, mehr Genauigkeit in den Abläufen, mehr Effizienz in den Prozessen. Genau das ist die Kernkompetenz von Dematic: optimierte Abläufe, präzise wie ein Uhrwerk, die jederzeit zuverlässig funktionieren.

– Was bedeutet das für die Zukunftsplanung der Kunden?

Ein Merkmal unserer innovativen Software ist zum Beispiel die Einbindung des digitalen Fußabdrucks, der das virtuelle Testen und Planen von Anpassungen ohne jedes Risiko für das reale Lager erlaubt. Die virtuelle Umgebung dient auch als Testgelände, auf dem die Experten von Dematic den künftigen System-Bedienern beibringen können, wie sie ihr Lager steuern und Fehler selbständig beheben können. Damit können sie sich langsam mit den neuen Werkzeugen der vierten industriellen Revolution vertraut machen. Zu unseren Beratungsleistungen gehören darüber hinaus auch thermografische Audits, über die mögliche Überlastungen in den Anlagen frühzeitig erkannt und Ausfälle vermieden werden können. Unser Ziel ist ein 360-Grad-Service, der Reparaturen und kundenspezifische Anpassungen bereits in der Planungsphase berücksichtigt.

– Was zeichnet diesen 360-Grad-Ansatz aus?

Wir adressieren damit den Schmerzpunkt unserer Kunden. Oftmals können sie nur zu bestimmten Zeiten Wartungsarbeiten durchführen oder sich gar keine Ausfallzeiten leisten, insbesondere während der Hochsaison. Unsere Systeme können schnell und einfach modifiziert werden, um den sich ändernden Anforderungen gerecht zu werden – ohne die Anlage abzuschalten.

– Gibt es aktuelle Projekte, an denen sich Kunden, die ihr Lager der Zukunft suchen, orientieren können?

Erst vor kurzem haben wir das neue Premium-Distributionszentrum der Landmark Group in Dubai, einem multinationalen Einzelhändler, mit unserer Automatisierungstechnik bestückt. Es ist riesig – mit einer Fläche von 265.000m2 – und verfügt über fast 2,2Mio. Kartons und zwei Millionen hängende Kleidungsstücke, die nun sehr effizient gelagert und umgeschlagen werden. Damit ist die Anlage die weltweit größte, die Dematic je installiert hat. Zum Einsatz kommt dort unter anderem unser bis dato größtes Multishuttle-System mit mehr als 1.200 Shuttles, 94 Liften und fast 950.000 Stellplätzen. Auch das 43m hohe Hochregal-Palettenlager mit 36.000 Stellplätzen ist eines der größten seiner Art in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Landmarkt setzt mit der Anlage für den gesamten Mittleren Osten und darüber hinaus eine logistische Benchmark. Sowohl Lagerverwaltungs- als auch Materialflussoptimierung wird durch unsere Software gesteuert. Sie sorgt für die dynamische Neupositionierung der Waren in den vier automatisierten Lagern und schafft die für das Realtime-Monitoring notwendige Datentransparenz, das über diverse Dashboards für alle funktionalen Bereiche abrufbar ist.

– Welche Innovationen hat Dematic noch auf Lager?

In diesem Jahr konzentrieren wir uns weniger auf die Entwicklung spezifischer Produkte und Lösungen als vielmehr auf der Minimierung von Reibungsverlusten beim Zusammenspiel verschiedener Module, Software und Partnerschaften. Letztgenanntes sehen wir als Schlüssel auf dem Weg zum Lager von morgen. Hervorzuheben ist hier vor allem unsere neue Zusammenarbeit mit Google in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML). Zudem sind wir eine strategische Partnerschaft mit Dexterity eingegangen, einem US-amerikanischen Spezialisten für Lagerroboter. Dadurch kombinieren wir unser Wissen um fortschrittliche Supply-Chain-Lösungen mit erstklassiger Robotertechnologie und können so vollständig integrierte, autonome und skalierbare Lösungen bieten. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang zudem ein Projekt der Kion Group-Marken mit dem deutschen Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML). Ziel ist die Entwicklung eines kleinen Transportfahrzeugs, das in einem Schwarm oder einer Gruppe gleichartiger Transportfahrzeuge arbeiten kann. Damit schlagen wir in mehrfacher Hinsicht ein neues Kapitel in der Lagerlogistik auf. Diese kleinen Fahrzeuge, LoadRunner genannt, nutzen künstliche Intelligenz (KI), um im Schwarm Aufgaben zu koordinieren. Damit eignet sich die Technik ideal für Sortieraufgaben, beispielsweise in Paketverteilzentren.

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