Fremdpersonal richtig eingesetzt

Wer pandemiebedingt kurzfristig Personalausfälle auffangen muss, hat beim Einsatz von externen Arbeitskräften einige rechtliche Fallstricke zu beachten. Andernfalls drohen erhebliche Sanktionen.
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Im Lager kommt häufig Fremdpersonal zum Einsatz, meistens leihweise. Von rund 833.000 Leiharbeitnehmern im vergangenen Jahr gingen etwa 250.000 einer Beschäftigung in der Logistik, insbesondere in der Lagerwirtschaft nach. Damit verzeichnet dieser Wirtschaftszweig mit Abstand die meisten Arbeitsverhältnisse auf Leihbasis – und muss nun pandemiebedingt noch stärker auf Fremdpersonal zurückgreifen.

Zur Kompensation von krankheits- oder quarantänebedingten Personalausfällen gibt es kaum eine Alternative, wenn externe Kräfte direkt in die Betriebsabläufe des Unternehmens integriert werden, intensiv mit dem Stammpersonal zusammenarbeiten und im gleichen Maß den Weisungen des Arbeitgebers unterstellt sein sollen.

Leiharbeit statt Werkverträgen

Die früher oft eingesetzten Werkverträge mit Externen sind mittlerweile tabu. Bei genauer Betrachtung waren die eingesetzten Arbeiter nach den Kriterien der Rechtsprechung oftmals lupenreine Leiharbeiter – nur ohne deren Rechte. Denn nach dem sogenannten Equal-Pay- und Equal-Treatment-Grundsatz müssen Leiharbeiter im konkreten Betrieb zu den gleichen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden wie das Stammpersonal – insbesondere in Bezug auf den Lohn, aber auch hinsichtlich Urlaub und Arbeitszeit.

„Die Wahl der richtigen Einsatzform des Fremdpersonals ist von entscheidender Bedeutung“, sagt Rechtsanwalt Daniel Happ, Fachanwalt für Arbeitsrecht im Frankfurter Büro der Kanzlei Noerr. „Angesichts teils drakonischer Sanktionen muss der korrekten Vertragsgestaltung und -abwicklung sowie der Beachtung der Dokumentationspflichten große Aufmerksamkeit geschenkt werden.“

Wichtig: Für die juristische Bewertung ist dabei immer der gelebte Alltag in den Betrieben ausschlaggebend, nicht das, was auf dem Papier steht. Insofern schützen auch bloße Bezeichnungen wie Solo-Selbstständiger, Freelancer oder Flexworker nicht. Im Zweifel kann der Arbeitgeber mittels eines Statusfeststellungsverfahrens bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund Auskunft darüber erhalten, ob die Behörde von einer Selbstständigkeit oder einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeht.

Dramatische Rechtsfolgen

„In den Fällen eines fehlgeschlagenen Fremdpersonaleinsatzes droht ein wahres Horrorszenario für den Auftraggeber“, warnt Anwalt Happ. Wer etwa seine Personalengpässe mittels unzulässiger Werkverträge lösen will, muss mit weitreichenden Haftungs- und Reputationsfolgen rechnen. „So wird ein vollwertiges Arbeitsverhältnis zwischen der eingesetzten Fachkraft und dem vermeintlichen Auftraggeber fingiert, mit allen Ansprüchen auf Lohn, Urlaub, Kündigungsschutz“, erläutert Happ. Daneben sieht der Arbeitgeber sich mit Steuernachzahlungen und den aufgelaufenen Sozialversicherungsbeiträgen nebst erheblicher Säumniszuschläge konfrontiert. Die Verstöße stellen Straftaten dar, sodass neben Geldbußen sogar Haftstrafen in Betracht kommen.

Engmaschige Kontrollen

Die zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit untersuchte im vergangenen Jahr viele Logistikfirmen und deckte einige eklatante Fälle von Sozialversicherungsbetrug, Scheinselbstständigkeit oder Verstößen gegen das Mindestlohngesetz auf. „Im Jahr 2021 fanden branchenübergreifend rund 765.000 Prüfungen statt, wobei Nachzahlungen allein zur Sozialversicherung inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von circa 1,1 Milliarden Euro erhoben wurden“, gibt Anwalt Happ zu bedenken und ergänzt: „Wer meint, dass die Risiken angesichts der Kurzzeitigkeit der Einsätze gering seien, der irrt.“

Anja Falkenstein ist als Rechtsanwältin in Karlsruhe tätig und schreibt zu Themen an der Schnittstelle Logistik/Recht.

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