Bühne frei für die Logistik!

Bild: HLT Hamburger Logistiktage GmbH

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause fanden am 17. und 18. Mai die 19. HLT Hamburger Logistiktage statt. Wie immer eine Veranstaltung, die innovative Lösungen in der Logistik im Kontext von Wirtschaftsentwicklungen und Gesellschaftstrends positioniert und dabei den Menschen mit seinen Bedürfnissen und Potentialen im Auge hat. Ein Konzept mit USP, das geschätzt wird und auch dieses Jahr bei den rund 300 Besuchern wieder großen Anklang fand.

Begegnungen und persönlichen Gespräche

Eine bessere Location hätten die Veranstalter Jörg Hermsmeier und Dirk Lange für den Wiederauftakt ihrer HLT nach der Zwangspause durch Corona nicht finden können. Im MEHR! Theater am Großmarkt, wo zurzeit Harry Potter die Besucher in Bann zieht, wurde exklusiv für zwei Tage mit Programm und Ausstellung den Themen rund um die Logistik die Bühne gegeben. Bewusst haben sie sich im letzten Jahr gegen eine online-Version der Veranstaltung entschieden, denn nicht nur die hochkarätigen Vorträge sind ein Erfolgsfaktor, sondern vor allem die Begegnungen und persönlichen Gespräche. Dies konnte man dieses Jahr noch intensiver erleben: Freude darüber, Menschen real zu treffen und sich ganz analog austauschen zu können. Auch Feiern war wieder möglich: Vanderlande sponserte die Abendveranstaltung mit Musik und mediterranen Genüssen. Wie immer stand über allem die Verantwortung gegenüber dem Menschen in seiner Bedürftigkeit, und so wurde auch dieses Jahr wieder großzügig für das Hamburger Kinderhospiz Sternenbrücke gespendet.

Trends und Zukunftsfragen

Was müssen Logistik und Handel im Blick haben, wollen sie zukunftsfähig agieren? Als Keynote erläuterte Sebastian Raßmann vom Hamburger Unternehmen Trendone für Trendforschung und strategische Zukunftsfragen Entwicklungen aus dem Retail Trend Report, die den Handel der Zukunft bestimmen. Nachhaltigkeit, Q-Commerce, Livestream-Shopping, Big Data, Hybrid Store Experience und Meta-Commerce – in diesen sechs Haupttrends liegt für alle großes Potential, wenn man den Perspektivenwechsel wagt.

Wie optimiertes Ressourcenmanagement in heterogenen Logistiksystemen funktioniert, legten Andy Bertmann von der EDEKA Rhein-Ruhr und Siegfried Zwing von RedPilot dar. In Oberhausen, mit 1/3 des Volumens größter Logistikstandort von EDEKA im Gebiet Rhein-Ruhr, liefert die Knapp-Tochter mit ihrer Optimierungssoftware systemische Unterstützung für komplexe Fragestellungen und gibt dem Logistiksystem Planungssicherheit wie Flexibilität.

Warum die Logistik durch Digitalisierung so boomt, erklärte Daniel Nill von Tudock, der Hamburger E-Commerce Agency. Aber Digitalisierung ist kein Selbstzweck, und es gilt nicht jedem Trend sofort bedingungslos zu folgen. Stattdessen: Customer Centricity und bei allen Digital Commerce Lösungen die Gretchen-Frage „Was ist sinnvoll und hat Mehrwert?“

Tobias Braun von Active Logistics und Christian Zadow von LSU Schäberle stellten die im Pilot-Projekt getestete neue Software Active Smart Tour vor. Der KI-basierte Dienst zur Tourenoptimierung ist für den schwäbischen Logistikdienstleister ein Game Changer und führt schon jetzt im Nahverkehr zur sichtbaren Effizienzsteigerung bei den Faktoren Zeit, Kosten und Strecken.

Coca-Cola on Tracks – Jana Borchard von Coca-Cola und Franziska Klimas von DB Cargo sprachen über den nachhaltiger Getränketransport auf der Schiene und plädierten für den Kombinierten Verkehr, der die Güter von der Straße auf die Schiene holt und damit die CO2-Belastung reduziert. Ein gutes Vorbild, denn der Gütertransport verursacht aktuell in der EU rund 6 Prozent der Treibhausgasemissionen.

Hightech in der Kaufland Distribution – Dietmar Kessler von Kaufland und Olaf Schulte von Vanderlande erläuterten die robotergestützte Kommissionierung des Kaufland Food-Sortiments. Am Standort Geisenfeld werden zukünftig die Filialpaletten wie auch die neuen Kaufland-Klapppaletten vollautomatisch durch Roboter kommissioniert. Das von Vanderlande entwickelte Storepick-System ermöglicht die Prozessoptimierung in der gesamten Wertschöpfungskette und kompensiert Entwicklungen im Handel wie den Arbeitskräftemangel und den vermehrten Ausbau verschiedener Filialsysteme.

Unsere Zukunft – nicht wegwerfen! Die Stiftung Initiative Mehrweg setzt sich für die Minimierung von Müllbergen in Handel und Logistik ein. Dr. Jens Oldenburg sprach über das Engagement der Stiftung und ihre Beteiligung am umweltpolitischen Dialog. In diesem Kontext stellte er eine vom Fraunhofer-Institut Umsicht´für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik durchgeführte „Studie zu kunststoffbasierten Mehrwegsystemen in einer circular economy“ vor, die Aspekte beleuchtet, die für eine moderne, nachhaltigkeitsorientierte und souveräne Unternehmensführung im Einklang mit den regulatorischen Entwicklungen zu Klimawandel und Kreislaufwirtschaft besonders relevant sind.

Fabian Kober vom Aachener Start-up DroidDrive stellte den teilautonomen Routenzug „Ducktrain“ für die City Logistik vor. Die schlauen, elektrischen und automatisierten Leichtfahrzeug für die urbane und industrielle letzte Meile sind ein Meter breit, fahren 25 bis 30km/h und fassen eine Europalette. Ergo eine praktikable und umweltfreundliche Alternative zu normalen Lieferwagen.

Gemeinschaftlicher Einsatz für das Image der Logistik, dies ist das Anliegen von Die Wirtschaftsmacher. Die Initiative will das Bild der Branche in der Öffentlichkeit verbessern und arbeitet in diesem Sinne für Aufmerksamkeit, Aufklärung und Wertschätzung. Tino Mickstein hob die Systemrelevanz der Logistik für Wirtschaft und Gesellschaft hervor und betonte die Berufsmöglichkeit in diesem Bereich.

Leben bedeutet Risiko – der Vortrag von Miriam Höller beeindruckte das Auditorium. Die 34 jährige Stunt-Frau sprach über ihre Vita, geprägt von Höhen und Tiefen physisch wie psychisch. Die Quintessenz für jeden: Mutig Herausforderungen begegnen und an ihnen wachsen.

Dieselbe Message ging von Lukas Irmler an die Anwesenden. In seinem Vortrag sprach er über sein „Life on the Line“ und die verschiedenen Projekte auf der Welt, bei denen er mit dem Seil zwischen geologischen oder architektonischen Höhepunkten die Verbindung herstellt und darauf „einfach rüber“ geht. Seine Kernbotschaft: Die Komfortzone verlassen, um Träume zu realisieren und sich dabei immer auf den nächsten Schritt konzentrieren.

Deutsches Engineering: Frank Römer von ACD stellte von der Idee bis zum Produkt die Entwicklung des Handrückenscanners HasciSE vor. Im wachsenden Segment der Logistik-Wearables ist der Barcode-Handrückenscanner über Bluetooth eine interessante Lösung für die Kleinteilekommissionierung, in der ja überwiegend „hands-free“ gearbeitet wird.

Die Neue Seidenstraße – wie neu ist sie seit dem Krieg in der Ukraine? Prof. Dr. Markus Taube von der Universität Duisburg-Essen skizzierte die aktuellen Entwicklungen der Transportkorridore zwischen Europa und Asien und legte die Chancen und Risiken der Handelsroute in einem turbulenten Umfeld dar. Fazit: Das globale Industriegeflecht durch Transport und Logistik auf der alten Neuen Seidenstraße ist durch den Krieg und auch die Pandemie so außer Kontrolle, dass langfristige strategische Positionierungen auf dem Weltmarkt immer schwieriger werden.

Andreas Löwe von AutoStore sprach über den großen Irrglauben einer automatisierten Logistik. Ist bei den Herausforderungen von Fachkräftemangel, Flächenverfügbarkeit und Fehlertoleranz Automatisierung wirklich der einfache Ausweg? 60 Prozent der Unternehmen planen in den nächsten Jahren ihre Lagerprozesse zu automatisieren. Aber: Wie plant man ein modernes und automatisiertes Lager, wenn der Konsum, direkt oder indirekt, aufgrund von Nachhaltigkeit eingeschränkt werden könnte?

Stay flexible and grasp opportunities! Kamil Kasprowicz gab einen Einblick in die Supply Chain der Otto Group. Entscheidende Faktoren für diese sind das Kundenerlebnis, operativer Exzellenz und Nachhaltigkeit sowie Kulturwandel. Auch wenn der Konzern mit der Herzensinitiative „Kulturwandel in der Logistik“ den Fokus auf die Arbeit am und mit dem Menschen legt, wird neben der physischen die digitale Supply Chain immer wichtiger, und so will das Unternehmen in den nächsten Jahren beim Thema eCommerce-getriebene Handelsaktivitäten einen weiteren Niveausprung erreichen.

Robin Weninger von GILT Global Institute of Leadership and Technology sprach über Leaders of Change und den Weg zur selbstlernenden Organisation. Der Paradigmenwechsel in der Organisation von Unternehmen und ihrer Führung ist gekennzeichnet von einer ganzheitlichen Betrachtungsweise, interdisziplinärem Denken und Kollaboration. Der neue Experte lehrt und lernt in einem, die Strukturen sind dynamisch und offen. Seine Zukunftsvision: Jeder braucht Management, aber keiner braucht Manager.

Gelungene Veranstaltung

Eine wertvolle Veranstaltung, bei der man viel über erfolgreiche Firmen, kluge Projekte und schlaue Technologien in der Logistik erfuhr – genauso wie über Zukunftsentwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft und das menschliche Meistern von Herausforderungen. Die 20. HLT sollen wieder im Mai nächsten Jahres stattfinden. Genauer Termin und Location werden noch bekanntgegeben. Wir freuen uns schon!

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