Auf den Schmierstoff kommt’s an

Hubwerksgetriebe sind eine bestimmende Komponente industrieller Krananlagen. Von ihrer Funktionsfähigkeit hängt nicht nur die Verfügbarkeit der Gesamtanlage ab, sondern auch die Sicherheit der Mitarbeiter. Ein Konstruktionselement, das die Gesamtperformance des Getriebes wesentlich beeinflusst, ist der Schmierstoff. Wird ein Öl geringer Qualität verwendet, kann ein 'Wartungsgraben' entstehen, der hohe Kosten verursacht. Folgende Praxistipps sorgen dafür, dass es gar nicht erst soweit kommt.
 Die Funktionsfähigkeit von Hubwerksgetrieben hängt unter anderem von der Wahl des passenden Schmierstoffes ab.
Die Funktionsfähigkeit von Hubwerksgetrieben hängt unter anderem von der Wahl des passenden Schmierstoffes ab.Bild: SEW-Eurodrive GmbH & Co KG

Warum braucht ein Getriebe Öl? Wer ein tribologisches System betrachtet, sieht, dass sich alles zwischen einem Grundkörper und einem Gegenkörper abspielt. In einem Getriebe können das Zahnflanken sein, Wälzkörper oder eine Dichtung, die auf der Welle läuft. Grundkörper und Gegenkörper werden durch einen Zwischenstoff getrennt. Dieser Stoff ist bei Getrieben in der Regel Öl. Bei anderen Systemen kann auch Kraftstoff oder Wasser als Zwischenstoff zum Einsatz kommen. Die Hauptaufgaben des Getriebeöls bestehen in der Reduzierung von Reibung und Verschleiß, dem Ableiten von Wärme, dem Korrosionsschutz etc.

Eine Herausforderung bei Krangetrieben besteht in den immer höher werdenden Drehmomenten, die bei gleichzeitig abnehmendem Bauraum bzw. Gewicht übertragen werden müssen. Zudem kommt es bei einem Kran in der Regel zu keinem kontinuierlichen Betrieb mit gleichbleibenden Ölbadtemperaturen. Das Gegenteil ist der Fall: Häufig wechselnde Lasten mit entsprechenden Temperaturänderungen sowie kurzzeitig auftretende Temperaturspitzen kennzeichnen den Kranbetrieb. In Kombination mit kürzer werdenden Kran-Umschlagszeiten, stoßen herkömmliche Mineralöle schnell an ihre Grenzen. Kurze Ölwechselintervalle, hohe Servicekosten sowie Stillstandszeiten sind die Folge.

Mineralöle vs. Synthetiköle

Industrieschmierstoffe bestehen zu 95 bis 98 Prozent aus einem hochwertigen Grundöl. Hinzu kommen Additive, um die Qualitätsanforderungen hinsichtlich Tragfähigkeit, Reibungsreduzierung, Alterungs- und Oxidationsstabilität, Korrosionsschutz, Viskosität, Schäumungsverhalten etc. sicherzustellen. Mineralisches Öl wird durch Destillation und Raffination aus Rohöl gewonnen. Aufgrund der einfachen Herstellungsweise gehört mineralisches Öl zu den kostengünstigen Ölen. Aufwändiger ist dagegen die Herstellung synthetischer Öle. Die Kohlenwasserstoffverbindungen, auf denen jedes Öl basiert, werden für diese Schmierstoffgruppe in einem aufwendigen chemischen Verfahren künstlich erzeugt. Sie weisen dadurch einen einheitlichen Aufbau auf und sind deutlich leistungsfähiger. Zu ihren Vorteilen gegenüber Mineralölen gehören eine höhere thermische und oxidative Beständigkeit, ein geringerer Reibungskoeffizient, ein besseres Tieftemperaturverhalten sowie ein besseres Viskositätstemperaturverhalten (größerer Viskositätsindex).

Für beide Ölsorten gilt gleichermaßen: Je höher die Durchschnittstemperatur, desto schneller fällt die Lebensdauer ab. Bei durchschnittlich 70°C Ölbad-Dauertemperatur erreicht ein synthetisches PAO-Öl gegenüber einem mineralischen Öl eine fast doppelt so lange Lebensdauer. Bei 90°C Ölbad-Temperatur kommt ein mineralischer Schmierstoff quasi nicht mehr in Frage, ein durchschnittliches synthetisches Öl hat hier immer noch eine Lebensdauer von ca. 10.000 Betriebsstunden.

Premium-Schmierstoffe

Mineralisches- und synthetisches Öl zeigen eine gewisse Spanne in Bezug auf ihre Gebrauchsdauer. So ist bei 70°C die Standzeit des synthetischen Schmierstoffs CLP HC bei ca. 20.000 Betriebsstunden begrenzt. Der obere Grenzbereich wird durch den Premium-Schmierstoff SEW GearOil Synth beschrieben. Das im Hause SEW entwickelte Getriebeöl hat eine um mehr als 25% längere Standzeit als synthetische Öle geringerer Qualität. Auch im Bereich der mineralischen Öle hält SEW mit dem GearOil Base einen Schmierstoff bereit, der eine bis zu 50% längere Standzeit aufweist als ein herkömmliches Mineralöl.

Mit mittlerweile fast 90-jähriger Erfahrung in der Entwicklung und dem Bau von Getrieben und unzähligen Kundenanwendungen, verfügt SEW über ein umfangreiches tribologisches Wissen. Auf dieser Grundlage und entsprechend langfristig angelegten Testläufen wurde eine spezielle Rezeptur für ein eigenes Premium Getriebeöl entwickelt. SEW GearOil erhöht die Leistungsfähigkeit des Getriebes. Es reduziert die Reibung zwischen den Zahnrädern, da es einen sehr guten Schmierfilm entwickelt, womit die Lebensdauer des Schmierstoffs sowie der Verschleißteile wie Dichtringe oder Lager verlängert wird. Die hohe Schadenskraftstufe der Schmierstoffe verbessert den Schutz vor Fressen der Verzahnung. Gleichzeitig erhöht SEW GearOil die Effizienz des Getriebes und schützt vor Korrosion und einem schädlichen Aufschäumen des Öls. Die ‚Self-cleaning‘-Eigenschaften der Schmierstoffe verhindern Ablagerungen, da sie Wasser und Schmutzpartikel binden.

Erstölwechsel nach 500 Stunden entfällt

 Klarheit über den aktuellen Zustand des Getriebeöls liefern regelmäßige Ölanalysen.
Klarheit über den aktuellen Zustand des Getriebeöls liefern regelmäßige Ölanalysen.Bild: SEW-Eurodrive GmbH & Co KG

Bedingt durch Einlaufeffekte sowie montageseitige Verunreinigungen ist es marktüblich, dass Getriebebauer einen Ölwechsel nach Erstinbetriebnahme bereits nach rund 500 Stunden vorschreiben. Kosten entstehen durch diese Praxis zum einen durch die Beschaffung des Öls zum anderen durch den Serviceeinsatz. Besonders bei schwer zugänglichen Getrieben, wie es z.B. bei Hubwerken der Fall ist, ist der Betreiber bestrebt den Schmierstoff möglichst lange zu nutzen, um sich aufwändige Serviceeinsätze zu sparen. Die spezifische Additivierung des SEW Getriebeöls sowie abgestimmte Werksprozesse bei SEW-Eurodrive machen es nun möglich, dass der Erstölwechsel nach 500 Stunden entfällt. Der Schmierstoff muss erst nach dem üblichen Ölwechselintervall ersetzt werden. Dies gilt für Stirn- und Kegelstirnradgetriebe der Generation X.e bis Baugröße 250 bzw. 175kNm, die bei Auslieferung mit SEW GearOil befüllt sind.

Jedes Öl altert

Egal wie leistungsstark ein Getriebeöl ist, mit der Zeit verändern sich seine Eigenschaften, denn jedes Öl altert. Das liegt neben der thermischen und mechanischen Belastung vor allem an der natürlichen Oxidation. Zudem wirken sich Verunreinigungen und Wassereintrag negativ auf die Lebensdauer aus. Sinkt die Ölqualität zu stark ab, kann eine ausreichende Schmierung nicht mehr sichergestellt werden – Reibung und damit einhergehender Verschleiß nehmen zu. Wann ist also der richtige Zeitpunkt für einen Ölwechsel beim Getriebe? Das lässt sich gerade bei Kranapplikationen schwer vorhersagen. Durch den intermittierenden Betrieb wird das Getriebe regelmäßig erwärmt und wieder abgekühlt. Auf Grund der starken Temperarturschwankungen kann es zu einem verstärktem „Atmen“ kommen, wodurch Feuchtigkeit aus der Umgebung ins Getriebe gelangen kann. Zudem können kurzfristig auftretende Öltemperaturspitzen dazu führen, dass die erforderliche Mindestviskosität unterschritten wird, was zu erhöhtem Verschleiß bei Verzahnung und Lagern führt. Wie sich diese Bedingungen tatsächlich auf den Zustand des Öls und des Getriebes auswirken, ist jedoch von Anlage zu Anlage unterschiedlich.

Klarheit über den aktuellen Zustand des Getriebeöls liefern regelmäßige Ölanalysen. Dabei wird eine Ölprobe aus dem Getriebe entnommen und im Labor untersucht. Neben der Beschaffenheit des Schmierstoffes können aus den Analyseergebnissen auch Aussagen über den Zustand des Getriebes abgeleitet werden. Unvorhergesehene Getriebeschäden und einem damit einhergehenden Anlagenstillstand können so vorgebeugt werden. Zudem lassen sich Wartungsintervalle zustandsabhängig planen. Ölanalysen sind Teil der Life-Cycle-Services von SEW-Eurodrive.

Mit dem richtigen Getriebeöl zu höchster Lebensdauer und Performance

Wie gezeigt tragen Schmierstoffe wesentlich zur Performance eines Zahnradgetriebes bei und können in einem hohen Maße dessen Gesamt-Betriebskosten beeinflussen. Damit das verwendete Öl einen optimalen Kompromiss aus Thermik, Verschleißschutz, Lebensdauer, Kosten etc. abbildet sind viele Faktoren in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Erfahrene Getriebebauer wissen, welches Öl zu welchem Getriebe und zu welcher Anwendung passt. SEW-Eurodrive geht mit dem hauseigenen Premium-Schmierstoff GearOil noch einen Schritt weiter und stellt ein Öl bereit, welches das Ergebnis aus fast 90 Jahren Erfahrung im Bereich der Antriebstechnik ist. Getriebe und speziell angepasster Schmierstoff sorgen beim Anlagenbetreiber so für ein optimiertes Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Ferag AG
Bild: Ferag AG
Unified-Control-System 
für das Lager der Zukunft

Unified-Control-System für das Lager der Zukunft

Lagerverwaltungssoftware revolutioniert die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Lagerbestände organisieren, verfolgen und optimieren, indem sie effiziente Prozesse, Echtzeit-Daten und automatisierte Funktionen bereitstellt. Letztendlich ermöglicht eine effektive Lagerverwaltungssoftware Unternehmen, flexibler zu sein, sich schneller an sich ändernde Marktbedingungen anzupassen und somit rentabel und wettbewerbsfähig zu bleiben und nachhaltig zu wachsen. Trotz Vorteilen, die auf der Hand liegen, sind die mit der Implementierung verbundenen Kosten und Prozessumstellungen nicht selten eine Hemmschwelle, die Unternehmen überwinden müssen. Ferag.doWarehouse ist eine innovative Software, welche die Standards für die Lagerverwaltung neu definiert. Sie bietet eine ebenso unkomplizierte wie maßgeschneiderte Lösung für Unternehmen jeder Größe und Komplexität.

Bild: GIS AG
Bild: GIS AG
Rigging-System 
für Multifunktionsarena

Rigging-System für Multifunktionsarena

Im Oktober 2022 konnten die ZSC Lions ihr neues Heimstadion einweihen. Die Swiss Life Arena ist nicht nur eines der größten Eishockeystadien der Schweiz, sondern vor allem auch eine Multifunktionsarena mit modernster Infrastruktur für die unterschiedlichsten Events und Anlässe. Zur Ausstattung gehört ein Rigging-System an der Hallendecke, das in Zusammenarbeit mit den Firmen B+T Bild+Ton und GIS realisiert wurde. Es besteht aus sechs Traversen und insgesamt 30 Elektrokettenzügen, die bequem über einen Touch-Controller gesteuert werden können.

Bild: MHP Management- und IT-Beratung GmbH
Bild: MHP Management- und IT-Beratung GmbH
Sportwagenhersteller setzt 
auf zentrale Leitsteuerung

Sportwagenhersteller setzt auf zentrale Leitsteuerung

Porsche bindet in der Intralogistik Automated Guided Vehicles (AGVs) ein, die ab sofort über den MHP FleetExecuter gesteuert werden. Damit setzt der Autobauer erstmals in der Unternehmensgeschichte auf eine zentrale Flottenleitsteuerung. Die in die bestehende IT-Infrastruktur integrierte Cloud-Lösung ist in den Stammwerken in Zuffenhausen im Einsatz. Dort dient sie als funktionaler Core der Automatisierung des Logistikprozesses. In Kürze sollen weitere Roll-outs folgen, etwa beim Bau des Taycan. Geplant sind zahlreiche Projekte, bei denen insgesamt mehrere hundert Fahrzeuge in unterschiedlichen AGV-Flotten mit über 300 Funktionen im Einsatz sind. Die Tochtergesellschaft von Porsche ist dabei für Beratung, Implementierung, Produktentwicklung sowie Service und Support verantwortlich.

Bild: MiR Mobile Industrial Robots ApS
Bild: MiR Mobile Industrial Robots ApS
Kollaborative Sicherheit

Kollaborative Sicherheit

Die fortschreitende industrielle Automatisierung hat ein neues Stadium erreicht: Autonome mobile Roboter (AMR) sind mittlerweile aus Produktionshallen und Logistikzentren weltweit nicht mehr wegzudenken. Diese Technologie ermöglicht es Unternehmen, eine breite Palette von Aufgaben und Prozessen zu automatisieren, was zu einer signifikanten Steigerung der Produktivität und wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit führt. Doch gleichzeitig müssen wir uns den neuen Sicherheitsherausforderungen stellen, die mit der Integration dieser Systeme einhergehen. In diesem Zusammenhang stellt sich die zentrale Frage, wie AMR dazu beitragen können, die physischen Sicherheitsstandards in der Industrie zu erhöhen und gleichzeitig die Resilienz gegenüber Cyberangriffen zu stärken.