In der Lagerlogistik ist der digitale Wandel bereits seit einigen Jahren spürbar. Schon die privaten Einkaufsgewohnheiten geben einen Hinweis auf diesen Wandel, der sich auch in vielen Teilen der Industrie fortsetzt. Leere Einkaufsstraßen und volle digitale Warenkörbe sprechen Bände. Der E-Commerce-Bereich ist branchenübergreifend stark gewachsen. Klarer Profiteur dieser Entwicklung: die Logistikbranche. Produktionskapazitäten, Lieferketten, Warenfluss, Transport, Kommissionieren, die Ansatzpunkte sind vielfältig. Zunehmende Automatisierung, „intelligente“ Produktion und die vermehrte Vernetzung von Lieferketten dank wachsendem E-Commerce-Bereich verlangen neue Lösungen. Als Bindeglied zwischen Produktion und Handel hat die Intralogistik eine entscheidende Schnittstellenposition und muss sich vielen Anforderungen gleichzeitig stellen. Das Ersetzen von papiergetriebener Kommissionierung, Staplersteuerung und Inventur sind anzustrebende Ziele, die einen schnellen Mehrwert auf vielen Ebenen bieten. Ohne lästige Zettelwirtschaft sind viele Stationen im Betriebsablauf weniger fehleranfällig bei gleichzeitiger Prozessbeschleunigung und Effizienzsteigerung. Kann Digitalisierung also der Schlüssel zu mehr Zeit- und Kosteneffizienz sowie Prozessoptimierung sein?
E-Commerce: Verändertes Kaufverhalten verlangt neue Logistiklösungen
Der Online-Handel boomt. Die Lagerlogistik wandelt sich – seit Covid-19 mehr denn je. Kunden greifen immer häufiger auf eine kontaktlose und sichere Lieferung zurück, der Wunsch nach einer schnellen, kurzfristigen Lieferung nach Hause wird dabei immer größer. Der wachsende Online-Handel hat den Trend zu vollumfänglichen End-to-End-Prozessen (Prozess vom Bedarf bis zur Leistungserbringung) und die Thematik der dezentralen Fulfillment-Center weiter gestärkt. Gerade Warehouse-in-Shop oder die Nachfrage nach kurzfristiger Lieferung haben große Auswirkungen auf die Lager- und Lieferprozesse, ihre Verknüpfung wird zunehmend enger. Hier sind digitale Transformationen und Logistiklösungen gefragt – vor allem im Bereich Logistik-Software.
Bestandsaufnahme: Digitalisierungsstand heute
Ein Blick auf den Digitalisierungsstand deutscher Läger zeigt ein geteiltes Bild. Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie firmenexternen Logistikdienstleistern (Third Party Logistics, 3PL) herrscht noch Nachholbedarf. In beiden Fällen zählen hohe Investitionskosten und fehlendes internes Know-how zu den Ursachen. Speziell bei 3PL kommen häufig noch kurze Vertragslaufzeiten mit Partnern hinzu, was die Planbarkeit beeinträchtigt und somit auch die Investitionsbereitschaft hemmt.
Digitalisierung in der Logistik ist eng mit Automatisierung verknüpft. Einem Posten, der bei KMU vieler Branchen ebenfalls noch ausbaufähig ist. Einen Baustein hierfür stellt die Implementierung einer passenden Lagerlogistik-Software dar. In automatisierten Prozessen der Intralogistik ist die Integration von Daten, Technik und Mensch immer in großem Umfang gegeben und damit wird von vornherein ein hoher Digitalisierungsstand erreicht. Sobald SAP als Lagerverwaltungslösung im Einsatz ist, lässt sich durch die vertikale Integration in alle ERP-Module die Basis für weitere Digitalisierungsvorhaben herstellen. Swan, Projekthaus für SAP-Logistik, beispielsweise setzt an dieser Stelle an und befasst sich überwiegend mit automatisierten oder teilautomatisierten Logistik-Anlagen auf Basis von SAP-Software. „Nachholbedarf sehen wir im Bereich der Digitalisierung von Dokumenten und dem Informationsaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg. So ist die Kontrolle von Bestellungen und Anlieferungen anhand von gedruckten Lieferscheinen immer noch ein überwiegend analoger Prozess“, so Alexander Bernhard, Geschäftsführer von Swan zu dieser Entwicklung. Ein standardisierter Prozess zum Austausch der Informationen kann an dieser Stelle Abhilfe schaffen, scheitert jedoch oft an gesetzlichen Rahmenbedingungen oder der Unfähigkeit, eine branchenweite Einigung über einheitliche Datenformate zu etablieren.
Bremsen und Stolpersteine: Warum zögern Unternehmen dennoch?
Viele Digitalisierungsprojekte sind nicht unmittelbar rentabel. Ihr Mehrwert ergibt sich erst durch die Verknüpfung unterschiedlicher Digitalisierungsvorhaben. Neue Projekte sollen zwar langfristig Ausgaben senken, dennoch bringen sie auch laufende Kosten mit sich, beispielsweise für Wartung, Support oder Lizenzkosten entsprechender Software-Tools. Diese Kosten sind oft nicht einfach gegen die zu erwartende Einsparungen aufzurechnen, da die Faktoren nur schwer messbar sind. Entsprechend fehlt oft der Blick für das große Ganze oder ein Impuls und konkrete Beratung von „außen“, um die wirtschaftlichen Vorteile einer nicht unerheblichen finanziellen Investition beurteilen zu können. Daneben ist auch die Bereitschaft, etablierte Strukturen und Prozesse anpacken und verändern zu wollen entscheidend.
Digitalisierungsprojekte erfordern Geschäfts-, Prozess-, Stamm- oder Bewegungsdaten, die meist nicht in konsolidierter Struktur oder durchgängig im Betrieb vorhanden sind. Daher ist Vorarbeit gefragt. Die Datenbasis muss bereinigt, Daten erstmalig erfasst und weitere Schritte in die Wege geleitet werden. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit der zentralen Schnittstellen im Unternehmen und eine saubere Definition der Prozesse wichtig. Gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen kann auch Manpower oder die Laufzeit der Umstellung von einem oder mehreren Jahren schon eine erste Hürde sein, die es zu überwinden gilt.
Spezielle Anforderungen erfüllen: Add-ons für SAP EWM
SAP-Software als Standardlösung ist eine solide Basis, die für viele Branchen und Anwendungsbereiche funktioniert. Bei Sonderfällen hingegen sind Add-ons für etablierte Softwarelösungen gut geeignet. Sie stellen zudem eine wirtschaftlich umsetzbare Lösung dar, da der Bedarf, spezielle Anforderungen abzudecken, meistens nur in den Randbereichen von Prozessen gegeben ist. Auch individuelle, kundenspezifische oder branchenrelevante Anforderungen wie Shop-friendly-Packaging oder Customer-specific-Handling erfordern Add-ons, die der EWM-Standard üblicherweise nicht abdeckt. Allerdings können die meisten funktionalen Add-ons im SAP-Umfeld in vorbereiteten Erweiterungen wie Business Add-ins (BAdIs) implementiert werden und sind daher sehr SAP-standardnah. Usability und vor allem User-Acceptance spielen in der Lagerlogistik eine große Rolle.
SAP-Experten stellen fest, dass der Trend hin zur individuellen Dialogentwicklung geht. „Wir haben aus unseren Kundenprojekten einen breiten Fundus an Usability-Erweiterungen in SAPUI5 sowie einen 3D-Logistik-Leitstand, der als Digital Twin eine direkt in SAP EWM integrierte alternative Sicht auf das Lager ermöglicht“, so Andreas Simon, Director SAP Sales bei Swan. „Zudem verfügen wir über mehrere Add-ons im Bereich Materialfluss zur Ansteuerung von Maschinen. Die Entscheidung, eine Projektlösung in ein Produkt beziehungsweise Add-on zu überführen, treffen wir gemeinsam.“
Vorteile einer digitalisierten Intralogistik
Die Vorteile einer digitalisierten Intralogistik liegen auf der Hand. Aus der klaren Durchsicht und Überprüfung aller Daten und Prozesse resultiert eine umfängliche Transparenz über alle Abteilungen hinweg. Eine darauf aufbauende Prozessoptimierung kann Fehlerquellen und Durchlaufzeiten minimieren, Prozessabläufe beschleunigen und Anlernzeiten neuer Mitarbeiter verkürzen. So kann die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens erhalten oder gar wiederhergestellt werden.