Einführung von Digitalisierungstools und Logistik IT

Seit Beginn der vierten industriellen Revolution, der Digitalisierung, gewinnt auch der Begriff 'Agilität' mehr und mehr an Relevanz. Bekannt wurde das agile Management durch das Scrum Framework, das bei der Softwareentwicklung genutzt wird. Mittlerweile werden agilen Prinzipien in vielen Branchen und Geschäftsfeldern eingesetzt.
Bild: Fraunhofer IML

Agiles Management zeichnet sich durch eine hohe Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Anforderungen aus. Diese Eigenschaft gewinnt auch oder gerade für die Intralogistik, insbesondere im Rahmen von Digitalisierungsinitiativen, zunehmend an Bedeutung. Bei der digitalen Transformation geht es um mehr als nur um die Einführung von Software und Technologie, um vorhandene Prozesse zu verbessern. Vielmehr geht damit ein vertieftes Verständnis einher, Bestehendes kontinuierlich zu hinterfragen und zu verbessern, was nicht selten zu Veränderungen von Projektinhalten und zu Anpassungen von Anforderungen an den Projektverlauf führt. In klassischen Projekten gehen solche Veränderungen häufig mit einem hohen Ressourceneinsatz und teilweise hohen zusätzlichen Kosten einher. Agile Vorgehensweisen sind deswegen so erfolgreich, weil sie mithilfe der Prinzipien und Methoden dazu befähigen, komplexe Projekte in hoch anpassungsfähige Inkremente herunterzubrechen, die unter Berücksichtigung der zuvor gesetzten Ziele iterativ erarbeitet werden. Doch auch ein agiles Vorgehen führt nicht zwangsläufig zum erfolgreichen Projektabschluss. Die Auswahl sinnvoller Methoden und ein tiefes Verständnis sind von entscheidender Bedeutung.

Bereitschaft alte Strukturen aufzubrechen

Ob und wann Sie ein agiles Vorgehen zur Auswahl und Einführung von Digitalisierungswerkzeugen in der Intralogistik verfolgen sollten, ist sowohl von unternehmens- als auch von projektspezifischen Faktoren abhängig. Gerade in traditionellen Unternehmensstrukturen muss die Bereitschaft bestehen ein geändertes Werteverständnis anzunehmen. Agiles Arbeiten bedeutet auch, dass sich das Unternehmen und die Projektbeteiligten einem Kulturwandel unterziehen, alte Hierarchien aufgebrochen werden und neue Verantwortlichkeiten Akzeptanz finden. Ein Unternehmenskulturwandel erfolgt in der Regel schrittweise und nicht auf Knopfdruck. Werte müssen verstanden und vor allem verinnerlicht werden.

Agile Methoden für komplexe Projekte

Des Weiteren kommt es auf das Projekt, den Projektumfang und das Wissen an, welches über die Erreichung des Zielzustands vorhanden ist. Die Stacey-Matrix bietet eine grobe Übersicht darüber, für welche Projekte sich agiles Arbeiten insbesondere eignet. Die Einstufung des Projekts in die Dimensionen einfach, kompliziert, komplex oder chaotisch gibt Aufschluss darüber, welches Projektvorgehen sinnvoll sein könnte.

Sind die Anforderungen an das ‚Was‘ klar und der Lösungsansatz, also das ‚Wie‘ ist bekannt, so handelt es sich um ein einfaches Projekt. Je unklarer die Anforderungen sind und je unbekannter der Lösungsansatz, desto komplizierter ist ein Projekt.

Bild: Fraunhofer IML

Projekte zur Auswahl und Einführung eines Warehouse Management Systems lassen sich in der Regel in die Kategorie ‚einfach‘ oder ‚kompliziert‘ einsortieren. Die Erfahrung des Fraunhofer IML zeigt, dass sich das Vorgehen zur Auswahl und Einführung mit entsprechender Projekterfahrung relativ standardisiert mit klassischen Projektmanagementmethoden, wie beispielsweise dem Wasserfallmodell durchführen lässt. Auch lassen sich die prozessualen Anforderungen, die in der Ist-Aufnahme gründlich erfasst und analysiert werden, gut in funktionale Anforderungen umwandeln. In Zusammenarbeit mit Experten oder dem Technologie- oder Systemanbieter lässt sich schnell herausfinden, welche Funktionen im Standard abzubilden sind und welche individuell programmiert werden müssen. Nichtsdestotrotz können die Werte des agilen Arbeitens, ebenso wie ausgewählte agile Methoden das Projektgeschäft bereichern.

Ist die Reichweite des Digitalisierungsvorhabens besonders hoch, die Auswahl technologischer Möglichkeiten sehr umfangreich und die prozessualen sowie organisatorischen Anforderungen relativ unklar, so kann das Projekt im komplexen Bereich angesiedelt werden. Komplex bedeutet in diesem Fall, dass sowohl die Anforderungen als auch das Verfahren, mit welchem das Ziel erreicht werden kann, unbekannt sind. Geänderte Kundenanforderungen oder sich wandelnde Märkte erfordern von Unternehmen beispielsweise, ihre Prozesse und Services anzupassen oder neue Geschäftsmodelle zu etablieren. Fast täglich kommen neue Entwicklungen und Technologien auf den Markt, durch die der Aufbau völlig neuer Services möglich ist. Um eine hohe Anpassungsfähigkeit während des kompletten Projektes zu gewährleisten, bieten sich agile Methoden wie z.B. Scrum oder Kanban an.

Nutzen Sie, was Mehrwert schafft!

Eine projektindividuelle Kombination der passenden Bausteine aus beiden Welten – der klassischen Projektvorgehensweise und dem agilen Projektmanagement – schafft unserer Erfahrung nach sowohl in einfachen, komplizierten, als auch komplexen Digitalisierungsprojekten den größten Mehrwert.

So ist es teilweise nicht möglich, auf klassische Projektvorgehensweisen, wie dem Schreiben eines Lastenheftes, zu verzichten. Hierfür ist es sinnvoll, sich von neutraler Stelle durch Experten wie das „Team warehouse logistics“ des Fraunhofer Instituts für Materialfluss und Logistik IML unterstützen zu lassen. Das „Team warehouse logistics“ bietet unter www.warehouse-logistics.com seit 20 Jahren eine der führenden Plattformen zur anforderungsgerechten Auswahl von Warehouse Management Systemen und unterstützt Unternehmen bei der Identifikation ihrer Logistik IT-Bedarfe. Ein fundiertes Lastenheft bietet die Basis für eine aussagekräftige Kostenkalkulation, bei der die Angebote verschiedener Anbieter gegenübergestellt werden können. Sowohl im Rahmen der Anbieterauswahl als auch in der Realisierungsphase macht der Einsatz gezielter agiler Methoden wiederum Sinn um Entscheidungsfindungen zu beschleunigen und iterativ Verbesserungen zu integrieren.

Beispiele für eine agile Projektgestaltung

Im Rahmen der Einführung und Auswahl von Digitalisierungswerkzeugen und Logistik IT gibt es unterschiedliche Bereiche, in denen agile Methoden Anwendung finden und einen Mehrwert bringen können.

User Stories sind kurz und knapp, jedoch detailliert und präzise geschrieben. Durch die Verwendung von Alltagssprache sind sie zudem leicht verständlich. Sogenannte Story Points werden dabei besonders für die Priorisierung von initialen Backlogs (Aufgabenspeicher) verwendet. Die folgende Übersicht zeigt Aspekte, bei denen User Stories besonders geeignet sind:

Wichtige Prozesse bzw. Prozessschritte

  • (z.B. marktbereichsreine Bildung von Ladungsträgern für Baumarktfilialen)
  • Exoten (z.B. kontingentierte Minderzuteilung im Retailbereich/Shop-Belieferung)
  • Spezialwünsche (z.B. Onlineabfrage von Wetterdaten am Zielort, um einen geeigneten Karton für den Versand auszuwählen)
  • Spezialfälle (z.B. Behandlung von Kundenaufträgen, die per Luftfracht versendet werden)
  • Funktionalitäten, die benötigt werden, zu denen der Auftraggeber aber noch keine konkreten Vorstellungen/Ideen hat

Die User Stories können ebenfalls genutzt werden, um Anbieter in der Ausschreibungsphase miteinander zu „challengen“. Dazu stellen Software-Anbieter ihre Lösung zur definierten User Story im Rahmen einer Anbieterpräsentation vor. Storyboards sind skizzenhafte Darstellungen, die ursprünglich zur Visualisierung von Drehbüchern verwendet wurden. Mittlerweile dienen sie dazu, Anforderungen aus User Stories möglichst bildhaft in einem Kontext zu beschreiben. Im Rahmen von Digitalisierungsprojekten kann z.B. die Benutzerschnittstelle mit Storyboards, als eine Art von Mock-up beschrieben werden. Auch die Dokumentation des Projektfortschritts kann mit Hilfe von User Stories und Storyboards gestaltet werden. Burn Down Charts und Burn Up Charts sind Beispiele zum Abgleich des Soll- und Ist-Zustands.

Der Einsatz von Kanban bietet eine hohe Transparenz über den Projektfortschritt. Die Anzahl paralleler Aufgaben wird auf eine definierte Anzahl reduziert. Hiermit wird sichergestellt, dass Aufgaben möglichst schnell bearbeitet und abgeschlossen werden. Über regelmäßige „Dailies“ bzw. Stand-up-Meetings wird der aktuelle Projektstatus kommuniziert und eingegriffen, wenn z.B. Aufgaben nicht wie geplant bearbeitet werden können.

Sowohl Software-Anbieter als auch Kunden sehen die größten Schwierigkeiten des agilen Arbeitens bei der Vertragsgestaltung. Mit einer modularen Vertragsgestaltung können einzelne Beauftragungen nach und nach erfolgen sowie im Laufe der Zeit nochmals angepasst werden. Bei der Gestaltung des Vertrags nach dem Ansatz „Design to Cost“ wird ein maximales Budget gesetzt. In diesem Budget wird die kostengünstigste Lösung entwickelt. Mit einer Vertragsgestaltung nach ‚Time and Material‘ ist häufig zwar eine Budgetabschätzung im Voraus möglich, allerdings lässt sich der Vertrag bei Änderungen einfacher anpassen. Die Voraussetzung für eine agile Vertragsgestaltung ist allerdings ein Paradigmenwechsel sowie gegenseitiges Vertrauen.

Die Verwendung agiler Vorgehensweisen im Rahmen von Digitalisierungsprojekten kann durch die kontinuierliche, enge Zusammenarbeit und die hohe Transparenz zur Vereinfachung von formalen Prozessen (z.B. Abnahme des Pflichtenhefts) führen. Die Anpassungen von Standards hin zu individuellen Anforderungen ist innerhalb kürzerer Entwicklungszeiten realisierbar. Durch die enge Zusammenarbeit von Kunde und Software-Anbieter werden Feedbacks direkt ausgetauscht, Unstimmigkeiten zeitnah erkannt und Resultate schneller erzielt.

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