Automatisierte Lagersysteme effizient steuern

Mit dem SAP EWM Materialflusssystem (MFS) lassen sich automatisierte Lager- und Fördertechniken direkt auf Ebene der Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) anbinden und steuern. Haupteinsatzbereich von SAP MFS ist die Materialflusssteuerung für automatisierte Lagersysteme wie automatische Kleinteillager (AKL) und Hochregallager (HRL) sowie die Anwendung in anspruchsvollen, hochautomatisierten Logistikzentren.
Bild: Leogistics GmbH

Die Speicherprogrammierbare Steuerung stellt die Verbindungsstelle zwischen der Software und Hardware dar. Eine SPS ist dabei eher auf der physischen Ebene tätig. Im Vergleich dazu wird die Verarbeitung auf SAP-Seite als MFS (Materialflusssystem) bezeichnet und beinhaltet den Telegrammverkehr und Austausch zwischen EWM und SPS. MFS ist für die Verbringung von den Paletten zuständig.

Bei SAP MFS handelt es sich um eine integrierte Funktionskomponente von SAP EWM. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: Mit dem Materialflusssystem (MFS) können Anwender ein automatisches Lager ohne zusätzlichen Lagersteuerrechner an das Extended Warehouse Management (EWM) anbinden. Generell wird im SAP EWM ein Transport über eine aktive Lageraufgabe durchgeführt. Die Daten dieser Lageraufgabe werden an die SPS für die physische Verarbeitung gesendet und vom entsprechenden Fördersegment bewegt. Nach der Ausführung des Transportes wird eine Quittierung über die SPS an EWM gesendet und entsprechend die Lageraufgabe bestätigt. Somit können Ein- und Auslagerung sowie interne Transporte einfach ohne Einsatz weiterer Systeme automatisch erfolgen.

Um die physische Fördertechnik, Regalbediengeräte etc. nicht zu überlasten, ist es möglich, Kapazitäten zu definieren. Dies bewirkt, dass eine Überlast der physischen Gegebenheiten unterbunden wird. Störungen können natürlich auch behandelt werden und sind über den Lagerverwaltungsmonitor einsehbar.

Vorteile einer MFS-Integration

Die Integration von MFS in Ihre Systemlandschaft bietet eine ganze Menge an Vorteilen:

Geringere Fehleranfälligkeit

Aufgrund von automatisierten und getesteten Abläufen werden Entscheidungen situationsabhängig immer gleich getroffen. Durch eine deutliche Minimierung der manuellen Eingriffe / Bewegungen entstehen entsprechend weniger Benutzerfehler.

Bessere Performance: (Mehr Ein- und Auslagerungen im Vergleich zu manuellen Lägern)

Das heißt konkret: Kürzere Transportwege zu Aufsetzpunkten. Schnellere Abarbeitung durch Aufträge, da das System diese automatisch nach bestimmten Kriterien durchführt ohne, dass manuelle Aktionen notwendig sind. Eine automatisierte Anlage kann mehrere Transporte parallel fahren.

Geringere Anzahl an manuellen Eingriffen

Manuelle Eingriffe sind nur noch bei Fehlerkorrekturen, sowie dem Aufsetzen bzw. Abnehmen von Paletten notwendig.

Grundsätzlich wirken sich einheitliche Systemlandschaften, die Vermeidung von Schnittstellen und möglichst wenig Hierarchien positiv auf komplexe Systeme aus. Sie gelten als effizient und sicher.

In sechs Schritten zu einem erfolgreichen MFS-Go-Live

Wenn die folgenden sechs Schritte nacheinander durchlaufen werden, steht einem erfolgreichen Go-Live nichts mehr im Wege. Erfahrungen von Leogistics zeigen, dass in relativ kurzer Zeit eine signifikante Steigerung der Lagerbewegungen vollzogen werden kann.

1. Spezifikation der Anlagengegebenheiten und SPS-Anforderungen

A. Meldepunkte und Routen

  • 1. Funktionen der einzelnen Meldepunkte (Konturenkontrollen etc.)
  • 2. Fahrtrichtungen
  • 3. Aufnahme / Abgabepunkte

B. Fahrzeuge/Ressourcen (RBG, Shuttle, Heber etc.)

C. Telegrammverkehr

  • 1. Telegrammstruktur
  • 2. Telegramminhalt
  • 3. Telegrammsequenzen

D. Verbindungsdaten und -Art

  • 2. Customizing

Umwandlung der physischen Gegebenheiten in die virtuelle Umgebung, sprich Abbilden des Lagers und der Fördertechnik in SAP EWM.

3. Programmierung

Kundenspezifische Anforderungen, die sich nicht über den SAP-Standard abbilden lassen, müssen durch eine kundendefinierte Anpassung entsprechend über (sogenannte Z-Logiken) implementiert werden. Dazu zählen beispielsweise die Einlagerstrategie oder die Auslagersteuerung (Sequenzierung, Priorisierung, Bereitstellung für Lkw). Der SAP Standard bietet hier viele Möglichkeiten über Business Add-Ins (BAdI), die Abläufe sowohl nach den Vorgaben des Kunden als auch den Anlagenanforderungen anzupassen. BAdI sind von der SAP definierte Einsprungpunkte im Programmablauf, welche eine mögliche Anpassung des Prozesses erlauben.

4. System-Kopplung und Verbindungstest

Nachdem die Stammdaten gepflegt worden sind und das Grundcustomizing durchgeführt wurde, wird überprüft, ob eine Kommunikation mit den definierten Verbindungsdaten und -arten möglich ist. Man spricht von einer stabilen Verbindung, wenn der erste Telegrammaustausch über sogenannte „Life-Telegramme“ stattfindet. Life-Telegramme sind Telegramme, die in einem festgelegten Abstand von der SPS an das MFS, oder umgekehrt, gesendet werden. Dies dient dazu, eine permanente Prüfung der Verbindung durchzuführen.

5. Entwickler-, Funktions- und Anlagen-Test

Nach den vorherigen Punkten, ist es zwingend notwendig, verschiedene Tests durchzuführen:

Entwickler-Test

Entwickler-Tests erfolgen auf dem Entwicklungssystem. Der Entwickler oder Berater testet nach der Fertigstellung des Customizings und der Entwicklungen, ob alle Funktionalitäten gemäß den Anforderungen implementiert und funktionsfähig sind, um gegebenenfalls noch Korrekturen vornehmen zu können.

Funktions-Test (FAT = Function Acceptance Test)

Funktions-Tests werden auf dem Test- bzw. Qualitätssicherungssystem durchgeführt. Nach den erfolgreichen Entwickler-Tests werden dem Kunden die Funktionalitäten übergeben. Der Kunde hat hierbei das Hauptaugenmerk auf den gesamten Prozess, welcher alle, zu diesem Zeitpunkt bekannten Szenarien, prüft.

Anlagen-Test (SAT = Site Acceptance Test)

Anlagen-Tests werden ebenfalls auf dem Test- bzw. Qualitätssicherungssystem gemacht. Hierbei geht es um ein erneutes Testen aller möglicher Szenarien auf der physischen Anlage mit Testdaten aus dem SAP-System. Die Anlagentests werden gemeinsam mit dem SPS-Lieferanten, sowie den Key-Usern durchgeführt.

Als Abschluss der Testphasen werden mit dem Kunden nach Möglichkeit ein oder mehrere Performancetests durchlaufen. Dies ist dafür gedacht, schon vor dem Go-Live-Betrieb mögliche Systemengpässe aufzuzeigen und dementsprechend zu handeln.

6. Go-Live

Sobald alle vorherigen Phasen abgeschlossen worden sind, steht dem Go-Live nichts mehr im Wege. Hierzu muss das Produktiv-System eingerichtet und mit der Anlage verbunden werden („Cut-Over“).

Um beim Start und während des Go-Lives den bestmöglichen Support zu leisten, sind entsprechend Kollegen des jeweiligen Gewerks vor Ort. Dies wird auch Hypercare-Phase genannt, welche sich meist über die ersten Wochen erstreckt.

Die individuellen Herausforderungen

Jedes Lager und jeder Kunde bringt individuelle Herausforderungen und Bedürfnisse mit. Diese sind in ihrer Komplexität sehr unterschiedlich. Daher startet Leogistics immer mit der Spezifikation der Anlagengegebenheiten und prüft die Machbarkeit der Systemkopplung. Die Schnittstellen zu Subsystemen bringen außerdem unterschiedlichste Voraussetzungen mit. Hier gilt es genau zu definieren, wie die Kommunikation zwischen SAP EWM MFS und der SPS aussieht, was in der Regel mit dem SPS-Lieferanten abgestimmt wird. Dazu zählt beispielsweise die Telegrammstruktur, Sequenzen, etc. Nicht zuletzt wird an den Zielvorgaben gemessen. Der Kunde bestellt in der Regel eine Anlage, die in der Stunde einen gewissen Durchsatz erreichen soll. Dies wird über sogenannte Leistungstests geprüft. Auf Basis der ermittelten KPI´s lässt sich die Leistung messen und auswerten. Durch die Überprüfung des Durchsatzes ergeben sich mitunter weitere Performanceoptimierungen, um die geforderten Kennzahlen entsprechend zu erreichen.

Nach dem Projekt ist vor dem Projekt – „lessons learned“

Eine sorgfältige Nachbereitung einer jeden MFS-Implementierung ist leogistics besonders wichtig. Alle Projektteilnehmer erhalten eine Zusammenfassung der „lessons learned“. So wird sichergestellt, dass alle Erkenntnisse nachhaltig protokolliert werden. Besonders häufig waren detaillierte technische Dokumentationen und Prozessabläufe nicht mehr aktuell. Es empfiehlt sich, Beides möglichst regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls auf den neuesten Stand zu bringen. Dies erspart Zeit bei der MFS-Implementierung. Darüber hinaus ist es äußerst wichtig, einen engen Austausch mit Kunden und den entsprechenden SPS-Lieferanten zu pflegen. Durch gute Kommunikation können Prozesslücken und daraus resultierende Änderungen vermieden werden, was eine weitere Zeitersparnis bedeutet.

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