Warum sich der Hersteller in diesem Fall für eine Lösung mit FTS entschied, liegt auf der Hand: Die Erweiterung der Produktionsfläche war am vorgesehenen Standort nur in die Höhe, über mehrere Stockwerke, möglich. Dennoch sollte die Fertigungsstraße mit abwechselndem Fließ- und Taktbetrieb und mehreren Übergabestationen voll automatisch und mit höchster Zuverlässigkeit arbeiten.
Möglich wird das unter anderem durch das Fahrerlose Transportsystem von dpm Daum + Partner. Rund 70 FTF bewegen sich nach dem Slam-Prinzip (Simultaneous Localization and Mapping) bzw. Konturnavigation entlang der Fertigungslinie und transportieren Elektromotoren und zugehörige Anbauteile zu den jeweiligen Arbeitsplätzen.
Frei navigierend nach dem Slam-Prinzip
Bei der Slam-Navigation wird der Kurs mit einem FTF manuell abgefahren; zwei Laserscanner erstellen währenddessen eine Karte der (Produktions-)Umgebung, die im nächsten Schritt am Rechner bereinigt wird. Ausschließlich unveränderliche Gegenstände wie z.B. Säulen, Regale etc. bleiben erhalten und werden zu festen Orientierungspunkten. Anschließend wird der Fahrkurs eingezeichnet und später auf die Steuerung der FTF übertragen.
In der Modellfabrik des Kunden werden die Motormontage-FTF über drei Etagen bis in den zweiten Stock geführt, wo die fertig montierten Elektro-Fahrantriebe automatisch an den nächsten FTS-Kreislauf zur Qualitätsprüfung übergeben werden. In diesem System sind rund zwanzig Prüffeld-FTF in einem Kurs mit mehreren Arbeitsstationen integriert.
Ergonomische Produktion direkt am FTF
Mit einer höhenverstellbaren Drehvorrichtung kann der Motor an jedem Arbeitsplatz in eine ergonomische Position gebracht werden. Die Anbauteile befinden sich in einem auf dem FTF integrierten Warenkorb. Manuelle Arbeitsstationen wechseln sich auf der Linie ab mit Roboterzellen und Automatikstationen.
Erstmals hat dpm damit ein Projekt in dieser Größenordnung mit einer freien Navigation in Zusammenarbeit mit einem auf dem Gebiet führenden Software-Lieferanten nach dem Slam-Prinzip abgewickelt – mit Erfolg.
Kostenvorteile durch Flexibilität
Allein die Flexibilisierung, die mit FTS möglich ist, bringt schon so große Kostenvorteile, dass sich die Investition in dieses Konzept in einem sehr überschaubaren Zeitraum von etwa einem Jahr amortisieren kann. Auch bei Modellwechseln ist die Flexibilität groß, denn es müssen nicht – wie in der klassischen Fließfertigung – komplette Produktionslinien demontiert und durch neue ersetzt werden. Stattdessen müssen nur Routen und Taktzeiten neu programmiert werden. Die gesamte ‚Hardware‘ lässt sich also weiterhin verwenden, wenn die Produktion eines neuen Fahrzeugmodells oder eines Zulieferbauteils startet.
Diese Vorteile werden inzwischen in Automobilindustrie umfassend genutzt – u.a. im Karosserietransport. dpm hat speziell für diese Aufgabe die Vision-E FTF entwickelt. Um sie an einen Modellwechsel anzupassen, müssen nur die Fahrzeugaufnahmen der vorhandenen FTS versetzt werden. Im Tagesgeschäft ermöglichen sie die wirtschaftliche Fertigung von hochgradig individualisierten Fahrzeugen. Die Taktrate lässt sich anpassen, außerdem können einzelne Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) ‚ausscheren‘, damit an Einzelstationen Sonderausstattungen montiert werden.
Weitere innovative Modellfabriken mit FTS
Zu den Automobilherstellern, die haben dieses Konzept in ihren zukunftsweisenden Modellfabriken schon praktisch umgesetzt haben, gehört Beispiel Mercedes-Benz mit der ‚Factory 56‘ in Sindelfingen. Hier werden unterschiedliche Fahrzeuge auf der gleichen Linie produziert. In ausgewählten Bereichen übernehmen Fahrerlose Transportsysteme (FTS) von dpm Daum + Partner den Materialfluss. Beim Karosserietransport in einigen Bereichen der Halle kommen ‚Vision E- FTF‘ von dpm zum Einsatz.
Taycan-Fertigung: FTS in der Montage
Ein weiteres Beispiel für eine der weltweit modernsten Produktionsstätten von Premium-(Elektro-)Fahrzeugen ist die vollständig neu geplante und gebaute Taycan-Fertigung von Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen.
In der Endmontage hat der Sportwagenhersteller das klassische Fließband durch fahrerlose Transportsysteme ersetzt, die im Fließprinzip die Fahrzeuge von Station zu Station transportieren. Hier wird der Antriebsstrang inklusive der Hochvoltbatterie für die ‚Hochzeit‘ vorbereitet, bei der Komplettierung des Fahrzeugs laufen die Mitarbeiter mit dem FTS mit.
FTF und Zubringerfahrzeug im Tandembetrieb
Ein anderes Projekt der Fahrzeug-Modulmontage zeigt die Bandbreite der Konzepte, die sich mit FTS realisieren lassen. Ein Hersteller von Lkw-Achsen nutzt jeweils ein ‚Tandem‘ von FTF: Eins transportiert die Achse durch die Montagelinie, ein zweites fährt mit und stellt an den einzelnen Stationen die Montageteile bereit. Am Ende der Linie trennen sich die Wege der FTF: Das erste fährt zum Warenausgang, das zweite zum Supermarkt, wo der Warenkorb mit Teilen für den nächsten Auftrag befüllt wird. Mit diesem Konzept kann man ganz unterschiedliche Achstypen montieren, ohne die ‚Hardware‘ der Produktion anpassen zu müssen.
Ein Konzept für alle Fälle?
Die hier beschriebenen FTS-Anwendungen werden sich in den kommenden Jahren noch weiter flexibilisieren lassen. Denn besonders bei höherwertigen Fahrzeugen, die von ihren Eigentümern genutzt werden, wird laut einer Studie zur Automobilproduktion der Individualisierungsgrad noch steigen. Und hier, so die Studie, ist die FTS-gestützte Montage im Vergleich zum Fließband einfach das bessere, weil flexiblere und wirtschaftlichere, Konzept.
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