Automatisch sicher

Die Fabrik der Zukunft entsteht jetzt. An ihren Fertigungsstraßen spulen Roboter ihr Arbeitspensum nach exakt programmierten Vorgaben ab. Und fahrerlose, IoT-basierte Intralogistik-Systeme transportieren die Werkstücke vom Lager an die Produktionslinien. Das Unternehmen CSP hat dafür ein automatisches Materialzuführungs- System entwickelt, das bei einem großen deutschen Automobilhersteller zum Einsatz kommt.
 Die Sicherheitsschleusen von CSP sorgen dafür, dass nur das dafür bestimmte Material die Fertigungsroboter erreicht.
Die Sicherheitsschleusen von CSP sorgen dafür, dass nur das dafür bestimmte Material die Fertigungsroboter erreicht.Bild: CSP GmbH

Die Roboter an der Fertigungslinie arbeiten rund um die Uhr – unermüdlich im wahrsten Wortsinn. Die immensen Investitionen in die vollautomatische Fabrik der Zukunft müssen sich schließlich rechnen. Damit die Produktion auch tatsächlich reibungslos funktioniert, darf der Nachschub nicht ins Stocken geraten: Die nächste Palette mit Bauteilen muss auf den Punkt verfügbar sein. Automatisch, ohne menschliches Zutun – und sicher. Denn weder Menschen noch unerwünschtes Material dürfen unkontrolliert zwischen die Roboter im Fertigungsbereich geraten. Dies sicherzustellen gehört zu den Spezialitäten von CSP. Das metallverarbeitende Unternehmen mit Sitz in Pfronstetten auf der Schwäbischen Alb zählt seit vielen Jahren zu den bevorzugten Ausrüstern der Automotive-Branche und anderer produzierender Unternehmen. Das kommt nicht von ungefähr. Denn das Expertenteam um die Geschäftsführer Katrin und Harald Späth liefert zuverlässig arbeitende, robuste Sondermaschinen und Anlagen für die innerbetriebliche Logistik. So jedenfalls das Urteil ihrer Auftraggeber.

Nachschub gesichert

Jetzt hat CSP für einen großen Autobauer ein System entwickelt, das in den aktuell entstehenden Fabriken für Elektrofahrzeuge für sicheren Nachschub sorgt. Es basiert auf lückenloser IoT-Kommunikation und einem exakt austarierten Zusammenspiel von Sensoren und Aktoren. Das System ist aus drei zentralen Elementen aufgebaut: dem Lagerverwaltungs-System, fahrerlosen Transportsystemen (FTS) und vollautomatischen Sicherheitsschleusen. Das Lagerverwaltungs-System ist dafür zuständig, dass jede Palette korrekt bestückt an ihren Bestimmungsort geschickt wird. Die fahrerlosen Transportsysteme bringen die Paletten vom Lager an die Fertigungslinie. Und die Sicherheitsschleusen sorgen dafür, dass nur das dafür bestimmte Material die Fertigungsroboter erreicht. Damit alle Rädchen optimal ineinander greifen, sind sämtliche Prozesse minutiös aufeinander abgestimmt. Die beteiligten Komponenten kommunizieren untereinander und übermitteln sämtliche anfallenden Daten an den Zentralrechner der Fabrik, auf dem alle Kommunikationsstränge zusammenlaufen. Sämtliche Vorgänge, die in der vollautomatischen Fabrik ablaufen, werden hier protokolliert.

Netzwerk steuert FTS

 CSP-Chef Harald Späth: "Das System ist darauf ausgelegt, durchgängig automatisiert zu arbeiten."
CSP-Chef Harald Späth: „Das System ist darauf ausgelegt, durchgängig automatisiert zu arbeiten.“Bild: CSP GmbH

Sobald ein Bestückungsroboter an der Fertigungslinie eine Palette mit Werkstücken verarbeitet hat, geht automatisch ein Anforderungssignal mit allen erforderlichen Daten an das Netzwerk, das die fahrerlosen Transportsysteme durch die Fabrik steuert. Das Netzwerk kennt den Standort jedes Transportgefährts und weiß dank permanent übertragener Statusinformationen, welches FTS beladen und welches unbeladen unterwegs ist. Gleichzeitig mit dem Anforderungssignal für ein FTS erhält das Lagerverwaltungs-System den Datensatz für den nächsten Auftrag. CSP-Chef Harald Späth: „Das System ist darauf ausgelegt, durchgängig automatisiert zu arbeiten.“ Trifft das dafür bestimmte FTS im Lager ein, nimmt es die bereits mit den angeforderten Teilen bestückte Palette auf und bringt sie autonom an ihren Bestimmungsort in der Fertigung. Das ist zunächst die dem Bestückungsroboter vorgeschaltete Sicherheitsschleuse. Ihre Funktion besteht darin, nur Paletten und Werkstücke an die Fertigungslinie gelangen zu lassen, die dort hingehören. Dabei geht es weniger darum, die Bauteile richtig zuzuordnen, sondern vor allem um die zuverlässige Trennung zwischen Personen und der Fertigungsstraße. Denn die dortigen Roboter arbeiten mit großem Krafteinsatz – eine Gefahr für Menschen, die sich dort aufhalten würden. Erreicht das beladene FTS die Schleuse, fährt es bis zu einer exakt definierten Position vor der Station und meldet sich an. Selbstverständlich registriert und protokolliert das Zentralsystem auch hier jede Anmeldung und die folgenden Schritte.

Doppelt gesichert

Zwei Systeme sichern die Einfahrt zur Schleuse: ein mechanisches Rolltor und ein Lichtgitter. Unmittelbar nach dem sich das FTS angemeldet hat, fährt das Rolltor hoch. Parallel dazu schaltet das System das Lichtgitter hinter dem Rolltor scharf. Ab jetzt wertet das System die Signale des Lichtgitters aus. Die freiwerdende Öffnung ist seitlich und in der Höhe genau so groß, dass nur das Fahrzeug mit seiner Fracht durchpasst. Das System kennt logischerweise die exakten Abmessungen der angemeldeten Fracht. Sobald etwas die Schleuse ungeplant passieren will, löst das den Alarm aus. Damit ist sichergestellt, dass auch vor und hinter der Ladung nichts in den Sicherheitsbereich gelangen kann. Ist das Lichtgitter scharf geschaltet, bekommt das FTS die Freigabe, in die Schleuse einzufahren – allerdings nur so weit, dass seine etwa zwanzig Zentimeter hohe ‚Schnauze‘ den ersten Lichtsensor innerhalb der Schleuse erreicht. In diesem Stadium befindet sich der Bodenroller mit Palette und Fracht noch außerhalb der Schleuse.

Schrittweise Einfahrt

 Zwei Systeme sichern die Einfahrt des FTS in die Schleuse: ein mechanisches Rolltor und ein Lichtgitter.
Zwei Systeme sichern die Einfahrt des FTS in die Schleuse: ein mechanisches Rolltor und ein Lichtgitter.Bild: CSP GmbH

Wenn die Schnauze des FTS das Signal des ersten Lichtsensors unterbricht, bleibt das Lichtgitter noch ohne Signal, da Palette und Fracht ja noch außerhalb stehen. Genau jetzt gibt das System die Weiterfahrt frei. Zugleich deaktiviert die Schleuse die Alarmfunktion des Lichtgitters – und zwar genau so lange, wie das FTS benötigt, um bis zum nächsten Lichtsensor einzufahren. Der ist exakt so positioniert, dass sich bei dessen Erreichen die Ladung vollständig innerhalb der Schleuse befindet. Die hintere, ebenfalls zwanzig Zentimeter hohe Schnauze des Transportsystems ragt in diesem Stadium noch ein Stück nach außen. Das Lichtgitter wird wieder scharf geschaltet, schlägt also Alarm, sollte es unterbrochen werden. Nun kann das FTS weiter bis zum dritten und letzten Lichtsensor fahren. Damit befindet sich das komplette Transportsystem inklusive Fracht in der Schleuse. Das Transportfahrzeug senkt sich automatisch ab und fährt rückwärts unter der Palette und dem Lichtgitter hindurch aus der Schleuse. Die Palette mit ihrer Fracht und der Bodenroller, auf dem sie steht, bleiben zurück. Das mechanische Eingangs-Rolltor schließt sich wieder. Erst wenn es vollständig geschlossen ist, öffnet sich das hintere Rolltor, welches das Material in Richtung Fertigung freigibt. Während das FTS einfährt, sorgen speziell entwickelte Auffangarme dafür, dass die Palette auch seitlich exakt richtig positioniert ist. Denn ab jetzt werden Bodenroller und Palette innerhalb der Schleusenanlage über ein Kettentransportsystem bewegt. Die Anlage fasst insgesamt vier Paletten: zwei in der Schleusenkammer, zwei weitere zwischen Schleuse und Fertigungslinie. Sobald der Roboter die direkt an der Fertigungslinie befindliche Palette geleert hat, transportiert sie das Kettentransportsystem zunächst zur Seite und dann wieder zurück zur zweiten Schleusenkammer. Diese befindet sich direkt neben der Eingangsschleuse und wickelt den für die Einfahrt beschriebenen Prozess identisch ab – nur umgekehrt. Parallel dazu setzt das System seine Order für die nächste Palette ab.

Komplexes „Muting“

Die kontrollierte Unterbrechung der Sicherheitsfunktion während des Einfahrvorgangs, im Fachjargon „Muting“ genannt, ist ein seit Jahren in industriellen Sicherheitsbereichen eingesetztes Verfahren. „Allerdings“, merkt Harald Späth nicht ohne Stolz an, „in unserem neu entwickelten System haben wir zum ersten Mal ein Muting-System realisiert, das Lichtschranken ebenso einbezieht wie Lichtgitter und Rolltore.“ Inzwischen hat CSP bereits mehrere seiner Sicherheitsschleusen ausgeliefert. Die ersten versehen bereits in einer vollautomatischen Fabrik für Elektrofahrzeuge ihren Dienst.

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